Mehr Passagiere, mehr Züge, mehr Unterhalt: Diesen Trend spüren auch die Kunden in ihrem Portemonnaie. Die Tarife im öffentlichen Verkehr steigen ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2016 um durchschnittlich drei Prozent. Der VCS will die Preisspirale künftig stoppen.
Der Anstieg der ÖV-Tarife war erwartet worden. Der Verband öffentlicher Verkehr (VÖV) ging bereits im vergangenen November davon aus, dass die Preise um rund drei Prozent steigen werden. Hauptgrund sind die Trassenpreise, die der Bund auf Ende 2016 weiter erhöht.
Nun hat die Branche vergangene Woche beschlossen, dass die Tarifmassnahmen wie angekündigt umgesetzt werden. In der Mitteilung vom Mittwoch heisst es: «Damit leisten auch die Kundinnen und Kunden einen grossen Beitrag, um die hohe Qualität des öffentlichen Verkehrs und die Zuverlässigkeit der Netze nachhaltig zu sichern.»
Die Tarifmassnahmen entsprächen der einvernehmlichen Regelung mit Preisüberwacher Stefan Meierhans vom August 2014. Dessen definitive Genehmigung stehe noch aus. Die exakten Preise, die ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2016 gelten sollen, würden nach Abschluss der Verhandlungen veröffentlicht.
Ungleichgewicht zwischen Strasse und Schiene
Dass die Kunden des öffentlichen Verkehrs im kommenden Jahr wieder tiefer in die Tasche greifen müssen, kommt für den Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) nicht überraschend, er äussert sogar etwas Verständnis, fügt aber zugleich an: «Damit muss die Preisspirale ein Ende haben.»
Würden die Preise auch in den nächsten Jahren erhöht, drohe die ÖV-Branche ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Strassenverkehr zu verlieren. Beim Individualverkehr seien die Kosten in den vergangenen Jahren laufend gesunken, die ÖV-Preise seien seit 2006 dagegen um rund dreissig Prozent gestiegen.
Auch aus Sicht des liberalen Konsumentenforums (kf) ist die erneute Preiserhöhung von drei Prozent «eine harte Massnahme». Künftig sollten sich Tarifsteigerungen «im Rahmen der Inflationsrate» bewegen, «damit die Kaufkraft der Konsumenten nicht Jahr um Jahr vermindert wird».
Die Bahnkundenorganisation Pro Bahn fordert dies bereits seit längerem. Sie zeigte sich am Mittwoch empört über die Ankündigung der Tariferhöhung. Der Bogen werde damit überspannt. Pro Bahn fordert «geeignete Mittel und Wege, der munteren Bahnverteuerungspolitik Einhalt gebieten zu können.»
Der Erfolg kostet
Der VCS appelliert im Hinblick auf die künftige Preisentwicklung an Bund und Kantone, Mass zu halten und dafür zu sorgen, dass der Preisdruck auf die ÖV-Unternehmen nicht weiter zunehme. Konkret bedeute dies, die Abgeltungen für den regionalen Personenverkehr auch entsprechend der bestellten Angebote zu erhöhen.
Die ÖV-Betriebe sind meist Opfer ihres eigenen Erfolgs. Der stete qualitative und quantitative Ausbau des Angebots sowie dessen Unterhalt kostet nun mal Geld. Der Bundesrat hatte bereits im Jahr 2011 im Rahmen der FABI-Vorlage (Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur) beschlossen, dass sich Kundinnen und Kunden an Zusatzkosten beteiligen sollen. Das Volk stimmte diesem Vorgehen im Februar 2014 zu.
Entsprechend hat der Bundesrat die Trassengebühren markant erhöht – per Anfang 2013 um 200 Millionen Franken pro Jahr. Damals stiegen die Preise für Billette und Abonnemente des öffentlichen Verkehrs durchschnittlich um 5,2 Prozent.
«So moderat wie möglich»
Nun kommt per Anfang 2017 die zweite Tranche der Erhöhung um jährlich 100 Millionen Franken. Diese wollte der (VÖV) um ein oder zwei Jahre verschieben. Die Bahnunternehmen fürchteten, dass sie wegen der unsicheren Wirtschaftslage und des tiefen Ölpreises Kunden im Privat- und Güterverkehr an die Strasse verlieren. Sie wurden aber nicht erhört.
«Die ÖV-Branche ist aber klar der Ansicht, dass der öffentliche Verkehr in der Schweiz für alle erschwinglich bleiben muss», schreibt der VÖV. Preiserhöhungen müssten so moderat wie möglich ausfallen.
Aus diesem Grund trage die Branche einen Teil der aufgrund der Trassenpreiserhöhungen anfallenden Zusatzkosten selber. Zudem setze sich die Branche für eine weitere Verbesserung des Preis-/Leistungsverhältnisses ein, zum Beispiel mit der Schaffung von neuen Angeboten wie den Sparbilletten.