Der isländische Titel «Hross í oss» verrät es: Das Pferd in uns ist oft mehr Mensch als dem Reiter lieb sein kann.
In Island findet das Auge Platz zum Schweifen. Auch der Geist muss mit der Weite umgehen. Von Pferden wie von Reitern. In keinem anderen Land auf der Erde ist der Glaube an Elfen und Geister so stark, dass sich damit auch ein Strassenbau verhindern lässt. Hier sprechen sogar die Pferde miteinander: Sie haben sich oft mehr zu sagen, als die Reiterin dem Reiter.
In «Von Pferden und Menschen» findet der Hochzeiter in der Stube bei seiner Angebeteten kaum Worte, während sein Pferd draussen keine Missverständnisse aufkommen lässt. Die Dorfbewohner, die von überall her mit Feldstechern dem Treiben zuschauen möchten, kommen zumindest so auf ihre Rechnung: Das Tiere lässt seinen Trieben freien Lauf.
«Hross í oss». Das Pferd in uns
Es sind phantastisch herbe Bilder aus der Isländischen Weite, die «Von Pferden und Menschen» bietet. Es sind aber auch phantastisch skurrille Menschengeschichten, die da rund um die Pferdestärken erzählt werden. Der öffentliche Liebesakt. Der Alkoholtod. Die Wiedergeburt. Die Gemeinschaft.
Die losen Episoden werden durch eine Liebesgeschichte verbunden, die sich im isländischen Titel leichter erschliesst: «Hross í oss». Das Pferd in uns. Das lässt der Film auch immer wieder durchscheinen, wie viel näher uns das Pferd in manchem ist, als uns das Lieb ist: Wer Bilder lesen mag, kann sich auf Hochgenuss vorbereiten: Immer wieder werden die Kapitel-Titel in einem Pferdeauge gespiegelt:
Leicht wie ein Tanzfilm zu Grieg
Als wäre es ein Tanzfilm, lässt Benedikt Erlingsson die Begegnungen sich über ihre Bewegungen entwickeln. Mal rückt er den Pferden so nah suf die Haut, dass ihr Fell wie eine isländische Landschaft wirkt. Mal erzählt er von den Menschen über die Bewegungen der Tiere, über die Beziehungen von Reiterin, Reiter und Pferd. Ihm ist ist eine bilderreiche Liebeserklärung gelungen, an die zeitlose Welt Islands, an «Pferdenarren und anderen Narren», und an die untrügliche Kraft der Triebe.
Benedikt Erlingsson spannt den Motiv-Bogen auf kargemBoden von der Geburt bis zum Tod. Fast ohne Worte kommt die Erzählung aus. Das macht sie zu einer weit verständlichen Kost. «Hross í oss» zeigt auch: Das «Hross» ist von unserem Ross gar nicht weit entfernt …
Der Film läuft zur Zeit in den Kult-Kinos in Basel