Die neue Ära in Ägypten könnte im Zeichen der Islamisten stehen: Bei der ersten Runde der Parlamentswahlen haben gemäss inoffiziellen Ergebnissen die Muslimbrüder und die radikalen Salafisten zusammen einen Wähleranteil von über 60 Prozent erreicht.
Falls die beiden Gruppierungen sich einigen, werden sie eine Regierung bilden können. Insbesondere die christliche Minderheit der Kopten fürchten ein von den Islamisten dominiertes Parlament.
Die offiziellen Ergebnisse des ersten Wahlgangs soll an diesem Freitag veröffentlicht werden. Eine für Donnerstagabend anberaumte Pressekonferenz der Wahlkommission wurde abgesagt, weil nach ihren Angaben in Kairo noch nicht alle Stimmen ausgezählt waren.
Die Abstimmung am Montag und Dienstag in Kairo, Alexandria und anderen Landesteilen war die erste von drei Runden für das Unterhaus.
Salafisten überraschend stark
Die Partei der Muslimbrüder (Partei der Freiheit und Gerechtigkeit) erhielt nach den inoffiziellen Angaben über 40 Prozent der Stimmen. Für eine Überraschung sorgte die radikal-islamistische Partei des Lichts (Al-Nur). Die Salafisten erreichten demnach über 20 Prozent der Stimmen.
In einigen Provinzen hätten sie gar mehr als 30 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können und die Muslimbrüder überholt, meldete die Zeitung „Al-Ahram“. Die von linken und liberalen Parteien gebildete Ägyptische Allianz lag in den meisten Bezirken auf dem dritten Platz.
„Al-Nur – die Überraschung des Augenblicks“, titelte die Zeitung „Al-Schoruk“. Die Salafisten, die eine strenge Anwendung der islamischen Gesetze und eine soziale Ordnung nach dem Vorbild der Gefährten des Propheten Mohammed propagieren, gehörten zunächst der Demokratischen Allianz der Muslimbrüder an, bildeten dann jedoch ihr eigenes Wahlbündnis.
Der Sprecher von Al-Nur, Mohammed Nur, bemühte sich am Donnerstag, Vorbehalte gegenüber den Salafisten zu zerstreuen. „Ein Haar auf dem Kopf eines Kopten zu krümmen, widerspricht unserem Programm“, sagte Nur. Ägypten kenne „das islamische Gesetz seit 1300 Jahren“, dennoch hätten die Kopten dort immer „glücklich leben“ können.
Das Oberhaupt der Muslimbrüder, Mohammed Badia, wiederum präsentierte seine Partei am Donnerstag als die erste islamische Gemeinschaft unter dem Propheten Mohammed und als Vorbild für das „neue Ägypten“.