Sie kommen meist nicht in Booten über das Meer. Dennoch sind sie Gestrandete: afrikanische Fussballer, die im Wartesaal des europäischen Spitzenfussballs vergessen gehen. Jonas Schaffter begleitet die jungen Fussballer in seinem Dokumentarfilm «Offside Istanbul».
Sie kommen meist nicht in Booten über das Meer. Denoch sind sie Gestrandete. Ihr Beruf: Fussballer. Ihre kleine Verzweiflung und grosse Hoffnung treibt sie von Afrika nach Europa. Wer jetzt glaubt, die jungen Männer träumen nur von Ronaldos Spitzengage, liegt falsch. «Offside Istanbul» von Jonas Schaffter macht klar, wie eine Abseitsfalle in der Migration aussieht.
Absturz statt Pass in die Tiefe
Jonas Schaffter, der eigentlich Fotograf ist, hat die jungen Fussballer begleitet. In Vororten. Auf Hartplätzen. In Hinterhöfen. In Istanbul. Dort sind sie gestrandet, die ehemaligen Hoffnungen des Spitzenfussballs. Dort hat sie Schaffter entdeckt: Fussballer aus Afrika, die auf eine Weiterreise nach Europa hoffen.
Sie feilen an ihrem Talent. Sie halten sich fit. Wie Tausende andere, die dem Elend in Afrika entfliehen wollen, sind diese jungen Männer angesprochen worden, von – ist man versucht zu sagen – Schleppern.
Auf der Erstatzbank des Lebens
Diese zwielichtigen Agenten locken immer mit dem gleichen Versprechen: Europa warte auf sie, Europa brauche sie. Sie lassen diese Nachwuchs-Fussballer horrende Summen bezahlen, um nach Europa aufzubrechen. Doch danach passiert nicht mehr viel. In Istanbul endet die Reise meist – im Wartesaal der Talente vor den Toren Europas.
Jonas Schaffter, der seine Studien in Basel gemacht hat, schafft es mit bestechend einfachen Bildern, diese Abseitsfalle zu schildern. Er fängt den Alltag dieser Talente mit kleinen fotografischen Erzählungen ein. Er hält jenen Stillstand fest, der eine Generation von jungen Afrikanern eingeholt hat. Unter diesen Talenten kriegt das Elend ein ganz neues Gesicht. Besonders, wenn ihre Lebensfreude und ihr Optimismus so viel Raum kriegen.
Anstatt Spitzengagen gibt es nicht einmal den Mindestlohn. Dennoch wagt keiner der Betroffenen von Ausbeutung zu sprechen: Noch haben sie die Hoffnung nicht verloren.