Hinter den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro steht die Vision eines Mannes. Bürgermeister Eduardo Paes will fröhliche, heitere Spiele nach dem Vorbild von Barcelona 1992 durchführen.
Olympiamacher Paes hat kurz vor den Spielen mit mehreren Problemen zu kämpfen. Das eine ist die Sicherheit. Jeder Überfall auf einen Olympia-Touristen oder Sportler wäre ein Klecks auf den skizzierten Plänen des 46-jährigen Vollblutpolitikers. Denn Olympia soll Rio und der gesamten umliegenden Region einen nachhaltigen Touristenansturm bescheren.
Diesem Ziel ordnet Paes alles unter. Er nimmt kein Blatt vor den Mund. Nach dem Raub von Containern mit ARD/ZDF-Equipment im Wert von 435’000 Franken griff er die Polizei an. Und weil der Bundesstaat Rio de Janeiro in Sachen Sicherheit zu wenig tue, riet er dem Gouverneur, doch mal «die Ärmel hochzukrempeln». Der Verlauf der Spiele könnte über Paes‘ weitere Karriere entscheiden, ihm werden Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur nachgesagt.
Mit vollem Körpereinsatz
Wäre er schon jetzt an der Macht, würde in seinen Augen vieles anders laufen. Paes selber sagt, Olympia sei «eine vertane Chance für Brasilien». Denn mit all den Negativschlagzeilen um die Regierungskrise im Land, die Rezession und die Korruptionsskandale sei «es nicht der beste Moment, um im Fokus der Welt zu stehen».
Trotzdem betont Paes unentwegt den Mehrwert von Olympia. Er setzt dabei auf die Begeisterungsfähigkeit der Bewohner und die Macht der Bilder aus der Millionenstadt mit dem Zuckerhut und Cristo Redentor. Paes bleibt optimistisch – und spiegelt damit das Lebensgefühl der Stadt wider. Er tanzt gerne, auch wenn er sich bei der Jahresabschlussfeier der Stadtverwaltung dabei das Bein brach.
Leger gekleidet, Hemd aus der Hose, Turnschuhe – so hat Paes schon über hundert Olympia-Projekte eingeweiht. Doch nicht alles klappte so, wie er es sich vorgestellt hatte.
Agieren statt reagieren
Als er im griechischen Olympia zur Entzündung des Olympischen Feuers weilte, krachte daheim ein erst vor drei Monaten von ihm eröffneter neuer Radweg über die Steilküste ein. Es war die bisher schlimmste Hiobsbotschaft, zwei Menschen starben.
Dazu kommen das leidige Thema der verschmutzten Guanabara-Bucht, wo Segeln zum Risiko wird, und grosse Finanzprobleme. Doch Paes lässt sich dadurch nicht beirren. Er ist bekannt für hemdsärmeliges Auftreten. IOC-Präsident Thomas Bach unterstellte er mal, wegen ein paar Caipirinhas eine Pressekonferenz mit ihm im Olympiapark versäumt zu haben – was aber nicht stimmte.
Bei Twitter stellt Rios Bürgermeister Kritiker schon mal mit dem Hinweis in den Senkel, sie könnten ja aus der Stadt wegziehen, wenn ihnen hier etwas nicht passe. Seit 2009 ist Paes Chef der 6,5-Millionen-Einwohner-Metropole.
Reaktion auf Kritik
Die politische Karriere begann der der Mitte zuzuordnende, politisch wendige Politiker in der Verwaltung von Barra, dem von der weissen, wohlhabenden Schicht geprägten Stadtteil fast ohne Favelas. Hier wurden die meisten Olympiaprojekte gebaut. Kritiker werfen ihm Mauscheleien bei Auftragsvergaben vor.
Diese Vorwürfe lässt Paes zurückweisen. Auch die vor den Spielen entbrannte Debatte, ob Rio überhaupt olympiatauglich sei, versucht er im Keim zu ersticken. Er verspricht, alles werde geregelt. «Wir wollen, dass sich alle hier wie zu Hause fühlen.» Damit das auch für Australier gelte, die das olympische Dorf als unvollendetes Werk kritisiert hatten, überlege er schon, ein Känguru am Eingang zu platzieren.
Paes kritisiert in dem Zusammenhang im Vorfeld der Spiele auch die Medien. Diese übertrieben die Gefahr durch das Zika-Virus massiv. Auch die Sicherheitslage werde zudem viel dramatischer dargestellt, als sie tatsächlich sei. «Wenn Sie einen sicheren Ort im August besuchen wollen, kommen Sie nach Rio de Janeiro.» Ein Satz, der für den Olympiamacher typischer nicht sein könnte.