Oppositionsführer sieht sich als Wahlsieger

Georgiens Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili hat am Montag kurz nach der Parlamentswahl von einem Machtwechsel gesprochen. Aber das Wahlrecht lässt Staatschef Michail Saakaschwili noch Chancen auf einen Sieg.

Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili erklärt sich zum Sieger der Wahl in Georgien (Bild: sda)

Georgiens Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili hat am Montag kurz nach der Parlamentswahl von einem Machtwechsel gesprochen. Aber das Wahlrecht lässt Staatschef Michail Saakaschwili noch Chancen auf einen Sieg.

Sowohl die Prognosen der staatlichen TV-Sender als auch jener, die von Iwanischwili finanziert werden, sahen einen Wähleranteil von über 50 Prozent für das Oppositionsbündnis Georgischer Traum.

Saakaschwilis Partei habe 41 Prozent erhalten, Iwanischwilis Bündnis 51, berichtete das öffentlich-rechtliche Fernsehen unter Berufung auf Wählerbefragungen. Die Opposition sprach von einem Wahlsieg mit 67 zu 23 Prozent.

Die Wählerbefragungen berücksichtigen aber nur die Stimmen auf Basis der Parteilisten, mit denen 77 der 150 Abgeordneten gewählt werden. Die übrigen 73 werden direkt durch eine Mehrheitswahl bestimmt. Dort geben Beobachter der Regierung mehr Chancen als der Opposition.

Präsident Saakaschwili räumte am Montagabend nur ein, dass die Hauptstadt Tiflis, in der ein Drittel der Bevölkerung wohnt, verloren sei. In den Regionen habe seine Partei Vereinte Nationale Bewegung aber viele starke Direktkandidaten, sagte er.

Machtmonopol gebrochen

Ergebnisse zur Sitzverteilung im Parlament werden erst am (morgigen) Dienstag erwartet. Doch auch wenn Saakaschwilis Partei den Sieg noch holt, wäre das Machtmonopol des Staatschefs gebrochen.

Derzeit hält seine Partei mit 119 der 150 Sitze im Parlament die absolute Mehrheit. Nach diesen Wahlen werde Georgien erstmals eine starke Opposition haben, betonten Experten.

Saakaschwili wie auch Iwanischwili mahnten ihre Anhänger, Ruhe zu bewahren. Der Präsident zeigte sich am Abend zur Zusammenarbeit mit der Opposition bereit.

Manipulationsvorwürfe

Die Wahl wurde von über 1600 internationalen Beobachtern verfolgt, hinzu kamen Zehntausende lokale Beobachter. Regierungsgegner klagten am Montag über Manipulationen.

Die Regierung habe Wähler mit Bussen in verschiedene Wahllokale gefahren, um mehrfach ihre Stimme abzugeben. Polizisten in Zivil hätten Wähler eingeschüchtert, sagte eine Sprecherin von Georgischer Traum. Nichtregierungsorganisationen kritisierten, dass Regierungsgegner im Vorfeld der Wahl unter Druck gesetzt und festgenommen worden seien.

Iwanischwili selbst nahm an der Wahl nicht teil, weil ihm die Behörden die Staatsbürgerschaft entzogen hatten. Eine umstrittene Verfassungsänderung, die ihm als Inhaber eines EU-Passes eine Teilnahme dennoch erlaubt, lehnte der Unternehmer ab.

Gehässiger Wahlkampf

Den Wahlkampf war gehässig geführt worden. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa nannten ihn „konfrontativ und rau“. Sie wollen am Dienstag ihre Bewertung über Wahlkampf und Ablauf des Urnengangs abgeben.

Zuletzt war Georgien noch von einem Folterskandal in Gefängnissen überschattet worden. Dieser hatte das Regierungslager, das lange Zeit in Umfragen geführt hatte, geschwächt.

Ministerpräsident Saakaschwili?

Zur Wahl aufgerufen waren 3,6 Millionen Wahlberechtigte. Die Wahl hat zentrale Bedeutung, weil ab 2013 per Verfassungsänderung der bislang untergeordnete Ministerpräsident faktisch die Macht übernimmt.

Saakaschwili wird 2013 seine zweite und damit letzte Amtszeit als Präsident beenden. Erringt seine Partei im Parlament erneut eine Mehrheit, kann er sich von diesem zum Ministerpräsidenten wählen lassen und damit die Geschicke Georgiens weiter lenken.

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