Mit elegantem Schwung hangelt sich Orang-Utan-Weibchen Cahaya im Zoo Zürich von Ast zu Ast. Da heisst es für ihren kleinen Sohn Malou: gut festhalten, sonst droht der Absturz. Damit nichts passiert, stützt seine Mutter ihn stets mit einem Arm oder einem Bein.
Das will, auch für geschickte Kletterer, erst einmal gelernt sein. Richtig akrobatisch wird es, wenn Cahaya mit verschiedenen Werkzeugen nach verstecktem Futter sucht, denn dann braucht sie auch noch eine Hand, um beispielsweise einen Stock zu halten. „Orang-Utans sind die kreativsten der Menschenaffen“, sagte Zoodirektor Alex Rübel am Mittwoch beim Zoo Apéro.
Doch Fortbewegung und Futtersuche mit dem Nachwuchs war nicht die einzige Schwierigkeit, mit der Mutter und Sohn im Zoo Zürich erst einmal zu kämpfen hatten. Malou ist das erste Junge der zehnjährigen Cahaya und kam am 6. April zur Welt.
Doch unmittelbar nach der Geburt hatte die Grossmutter das Neugeborene zu sich genommen. Der Tierarzt versetzte beide Weibchen in Narkose und legte Malou seiner Mutter an die Brust. Beide wurden einige Tage von der Gruppe abgetrennt, um eine stabile Mutter-Kind-Beziehung aufzubauen.
Artenschutz durch Konsumverhalten
Orang-Utan bedeutet auf malayisch „Waldmensch“, was zum einen auf die Verwandtschaft mit dem Menschen, zum anderen auf den Lebensraum hinweist. „Nur eine geringe Differenz im Genom entscheidet darüber, auf welcher Seite der Scheibe Sie stehen“, sagte Robert Zingg, Kurator des Zoo Zürich. Die „Waldmenschen“ leben auf Sumatra und Borneo. Beide Populationen werden inzwischen als eigenständige Arten betrachtet.
Die Sumatra Orang-Utan-Gruppe in Zürich zählt mit dem Neugeborenen acht Mitglieder. Das ist eine verhältnismässig grosse Gruppe und mehr als ein Promille des Weltbestandes. Die Tiere stehen auf der Roten Liste und gelten als stark bedroht. So ist ihr Bestand in den vergangenen 75 Jahren um über 80 Prozent geschrumpft. Schätzungen gehen davon aus, dass es heute weniger als 7000 Individuen gibt.
Der Zoo Zürich setzt sich über das Europäische Erhaltungszuchtprogramm für die Orang-Utans ein. Ausserdem arbeitet er mit der Stiftung PanEco zusammen, die sich für den Schutz des Lebensraums der Orang-Utans und für die nachhaltige Produktion von Palmöl engagiert. Die Stiftung ermöglicht aber auch Tieren, die in Gefangenschaft gehalten wurden, die Rückkehr in die Freiheit. Seit 1999 hat PanEco mehr als 120 Tiere ausgewildert.
Auch im Zoo Zürich gibt es einen weiteren, kleinen Lichtblick für den Erhalt der Menschenaffen: Noch ein Orang-Utan-Weibchen erwartet Nachwuchs. Festgestellt wurde dies durch einen Schwangerschaftstest: genau der gleiche übrigens, der auch für Menschen verwendet wird.