Historische Versöhnung nach Jahrhunderten der Feindschaft: Patriarch Kirill, das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, und der Vorsitzende der polnischen katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof Józef Michalik, haben die Gläubigen Polens und Russlands zu gegenseitiger Vergebung aufgerufen.
In der in Warschau unterschriebenen gemeinsamen Botschaft mahnten sie: „Wir appellieren an die Gläubigen, einander alles Leid und Unrecht zu vergeben. Jeder Pole sollte in jedem Russen und jeder Russe in jedem Polen einen Bruder und Freund sehen.“
Gleichzeitig erklärten sie, das Leid der Vergangenheit dürfe nicht in Vergessenheit geraten. Das polnische und das russische Volk verbinde die Erfahrung des Zweiten Weltkriegs und der Unterdrückung durch totalitäre Regime.
Im schon jetzt als historisch bezeichneten Schreiben weisen orthodoxe und katholische Kirche auf gemeinsame Herausforderungen in einer säkularen Gesellschaft hin. Moralische oder christliche Werte spielten eine immer geringere Rolle, heisst es im Papier, das in diesem Zusammenhang Abtreibung, Sterbehilfe und homosexuelle Gemeinschaften nennt.
Kirill ist das erste orthodoxe Kirchenoberhaupt, das nach einem Jahrtausend voller Konflikte zwischen katholischer und orthodoxer Kirche Polen besucht.
Kirchenspaltung vor 1000 Jahren
Bei einer kleinen Gruppe von Demonstranten vor dem Warschauer Königsschloss stiess der Versöhnungsappell auf taube Ohren: Auf Transparenten wandten sich die etwa 30 Demonstranten gegen eine „falsche Versöhnung“, die die Verbrechen des sowjetischen Geheimdienstes gegen Polen verbergen solle.
Die Eigenständigkeit der orthodoxen Kirchen geht auf die Kirchenspaltung im Jahr 1054 zurück. Damals exkommunizierten sich die Oberhäupter der Ostkirche in Byzanz und der Westkirche in Rom gegenseitig.