Pakistans Führung hat den Nachfolger von Armeechef Raheel Sharif bestimmt und damit einen der wichtigsten Posten im Staat neu besetzt. Regierungschef Nawaz Sharif ernannte am Samstag General Qamar Javed Bajwa zum neuen Oberkommandierenden.
Sharif hatte das Militär seit 2013 geführt und war so beliebt wie wohl kein Armeechef vor ihm. Um ihn entstand ein Personenkult. «Lebende Legende» oder «rettender Engel» wurde er genannt.
Unter Sharifs Führung hatte die Armee nach Jahrzehnten der Radikalisierung im Land Militäroffensiven gegen einige der vielen extremistischen Gruppen stark ausgeweitet. Die Zahlen terroristischer Angriffe und ihrer Opfer gingen 2015 deutlich zurück. 2016 schlugen dschihadistische Gruppen aber wieder häufiger zu.
Raheel Sharif ist der erste Militärchef seit 20 Jahren, der freiwillig nach seiner Amtszeit abtritt. Viele Pakistaner hatten gehofft, Sharif würde länger als die vorgesehenen drei Jahre an der Macht bleiben.
Andere fürchteten diese Möglichkeit eher. In Pakistan haben Generäle in den vergangenen Jahrzehnten fünf Mal die zivile Regierung gestürzt oder dabei geholfen. Jahrzehntelang hatte das Militär das Land regiert.
Chef der Geheimdienste
Der Chef der Armee ist in Pakistan ungleich einflussreicher als in westlichen Staaten. Der Armee sind alle Geheimdienste unterstellt, sie erfüllen aber auch zivile Aufgaben, zum Beispiel den Strassenbau. Vor allem aber bestimmt die Armee aussenpolitische Beziehungen mit, besonders die zu den Nachbarn Afghanistan und Indien.
Die Beziehungen zu beiden Staaten sind derzeit extrem schlecht. Pakistan wird vorgeworfen, die in Afghanistan wieder erstarkenden Taliban zu unterstützen. Mit Indien, wie Pakistan eine Atommacht, gibt es fast täglich Scharmützel an der Grenze im umkämpften Kaschmirgebiet.
Pakistanische Extremisten verübten jüngst mehrfach blutige Anschläge auf indische Ziele. Im Gegenzug gab Indien an, zum ersten Mal seit Jahrzehnten für einen Vergeltungsschlag auf pakistanisches Gebiet vorgedrungen zu sein.
Bajwa war einer der fünf von der Armee vorgeschlagenen Kandidaten. Bisher war er Generalinspektor für Training und Aufsicht. Zuvor hatte er das wichtige 10. Korps in Rawalpindi befehligt, das auch zuständig ist für die Sicherung der langen Grenze mit Indien.
Er hat in der Kaschmirregion gedient und in den lange von Extremisten beherrschten Nordgebieten des Landes. Dennoch ist er nicht als Falke bekannt. Kollegen sagen, er halte den Terrorismus im eigenen Land für ein grösseres Problem als die Rivalität mit dem Erzfeind Indien, die sich jüngst verschärfte. Das wäre eine Hilfe für Ministerpräsident Sharif, der seit Jahren gegen den Widerstand des Militärs die Annäherung an Indien sucht.