In den «Panama Papers» wird neben den Geschäftspraktiken prominenter Politgrössen auch das heikle Beziehungsgeflecht eines FIFA-Ethikers enthüllt. Es droht Ärger.
Sechs Wochen nach der Wahl zum neuen Präsidenten wird Gianni Infantino möglicherweise ein erstes Mal von den Problemen seines Vorgängers eingeholt. Vom Recherche-Ergebnis eines internationalen Mediennetzwerkes aus 78 Ländern ist auch der Weltfussball-Verband betroffen. Gegen ein prominentes Mitglied der Ethikkommission sind im Sinne einer Vorabklärung erste interne Schritte eingeleitet worden.
Ein Teil der Spuren eines gigantischen Datenlecks führen zu einem ungemein sensiblen Bereich der FIFA: In den 11,5 Millionen offengelegten Dokumenten der Kanzlei Mossack Fonseca taucht neben zahlreichen Politführern auch der Name von Juan Pedro Damiani auf, der seit 2006 in der Ethikkommission der FIFA sitzt und innerhalb der letzten vier Jahre am Sturz von einer Reihe bekannter Persönlichkeiten mitbeteiligt war.
Der einflussreiche Anwalt aus Uruguay gilt als einer der reichsten Männer seines Landes und präsidiert den populären Fussballklub Peñarol Montevideo. In der juristischen Kammer des Home of FIFA befasst er sich mit den Fällen mutmasslich korrupter FIFA-Mitglieder.
Nun gerät der 57-Jährige selber unter Druck. Er soll nach Informationen der weltweit im Verbund agierenden Investigativ-Journalisten drei im Zuge des FIFA-Skandals Angeklagten in Steueroasen zu Offshore-Firmen verholfen haben, über die unter dem Deckmantel unbekannter Inhaber möglicherweise Bestechungsgelder geflossen sind.
Gemäss der «Süddeutschen» handelt es sich den Beschuldigten um seinen Landsmann Eugenio Figueredo, den ehemaligen FIFA-Vize, sowie um die argentinischen TV-Rechtehändler Hugo Jinkis und dessen Sohn Mariano, die im Verdacht stehen, beispielsweise bei der Copa America hohe FIFA-Funktionäre mit Millionen geschmiert zu haben, um sich günstige Fernsehrechte sichern zu können. Die US-Justiz erhob im Mai 2015 Anklage gegen sie.
Die Anwaltskanzlei «J.P. Damiani» tritt in verschiedenen Fällen als Verwalter auf. Nach Auswertung der Datenflut von rund 2,6 Terabyte erhärtet sich der Verdacht, dass der Uru Damiani als Grosskunde von Mossack Fonseca gegen 400 Briefkasten-Firmen gekauft und trotz verschiedener Interessenkonflikte an eigene Kunden weitervermittelt hat.
Gegenüber der «BBC», die Teil des internationalen Recherchepools ist, wollte Damiani keinen Kommentar abgeben. Ein Sprecher des Südamerikaners erklärte, er habe den Präsidenten der Ethikkommission über seine (heiklen) Geschäftsbeziehungen informiert – gemäss «BBC» und «Guardian» aber erst nach der Konfrontation mit den medialen Ergebnissen.
Bereits am 19. März, nach Erhalt der entsprechenden Informationen, hat die Untersuchungskammer der Ethikkommission unter der Leitung des Schweizers Cornel Borbély eine Voruntersuchung eingeleitet. Weitere Details sickerten nicht durch. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, droht dem Weltfussball-Verband ein nächstes Beben – mit einem Epizentrum, das eigentlich als Korrektiv für die Misswirtschaft vorgesehen ist und Infantino den Weg zu einer grundlegend reformierten Gesellschaft ebnen sollte.
Auch Lionel Messi droht womöglich erneut Ärger mit der Steuerbehörde. Der mehrfache Weltfussballer und Superstar des FC Barcelona wird in den Unterlagen als Begünstigter einer Offshore-Firma geführt, von der die Staatsanwaltschaft bisher nichts wusste. Das Umfeld des Spielers wies die Verdächtigungen umgehend zurück. Die Vorwürfe seien «falsch und beleidigend», liess Messis Familie in einem Communiqué verlauten. Unabhängig des jüngsten Finanz-Skandals steht der 28-Jährige im Mai wegen Steuerhinterziehung vor einem spanischen Gericht.