In einer historischen Rede vor dem US-Kongress hat Papst Franziskus zum Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen. Er forderte auch einen brüderlichen Umgang mit Flüchtlingen und die Abschaffung der Todesstrafe.
Der Moment für «mutige Handlungen und Strategien» sei gekommen, um die «schwerwiegendsten Auswirkungen der durch menschliches Handeln verursachten Umweltschädigung zu vermeiden», mahnte der Papst am Donnerstag vor den beiden Kammern des US-Parlaments.
Er zeigte sich überzeugt, dass etwas verändert werden könne. Er habe keinen Zweifel, dass die USA und der Kongress «dabei eine wichtige Rolle zu spielen haben», sagte er weiter. Im US-Parlament sperren sich allerdings die Republikaner gegen die Klimaschutzinitiativen von Präsident Barack Obama.
In der ersten Ansprache eines römisch-katholischen Kirchenoberhaupts an einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus in Washington brachte Papst Franziskus auch die Flüchtlingskrise zur Sprache. Diese habe ein «seit dem Zweiten Weltkrieg unerreichtes Ausmass» angenommen.
Flüchtlingen «ins Gesicht schauen»
Diese Entwicklung «stellt uns vor grosse Herausforderungen und schwere Entscheidungen», sagte er. Angesichts der illegalen Einwanderung aus Mexiko und zentralamerikanischen Staaten in die USA fügte Franziskus hinzu, dass auch auf dem amerikanischen Kontinent Menschen «auf der Suche nach einem besseren Leben für sich und ihre Lieben» nordwärts zögen.
«Wir dürfen nicht über ihre Anzahl aus der Fassung geraten, sondern müssen sie vielmehr als Personen sehen, ihnen ins Gesicht schauen», sagte der Papst. Obamas Pläne für eine Einwanderungsreform, die Migranten ohne gültige Papiere einen Weg aus dem Schattendasein ermöglichen soll, stossen bei den oppositionellen Republikanern ebenfalls auf heftigen Widerstand.
Papst Franziskus kritisierte in seiner rund 50-minütigen Rede ferner mit scharfen Worten die Todesstrafe und Waffenlieferungen. Der Export von Waffen an Akteure, die planten, «Einzelnen und Gesellschaften unsägliches Leid zuzufügen», geschehe «einfach um des Geldes willen», sagte er.
Mit Blick auf die in den USA erlaubte Homoehe zeigte sich der Papst besorgt, dass die Familie «vielleicht wie nie zuvor von innen und von aussen bedroht» sei. «Grundlegende Beziehungen wie die eigentliche Basis von Ehe und Familie werden in Frage gestellt», sagte der 78-jährige Argentinier.
«Buenos días»
Der Papst wurde mit lang anhaltendem Applaus im Kongress empfangen. Auch die Richter des Supreme Court, US-Vizepräsident Joe Biden und weitere Regierungsvertreter waren bei der Rede anwesend. Vor der Ansprache kam der Papst mit dem republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, John Boehner, zusammen.
Auf der Prachtmeile National Mall im Herzen Washingtons wartete eine Menschenmenge darauf, dass sich der Papst nach der Rede auf dem Balkon des Kongressgebäudes zeigt. «Buenos días», begrüsste Franziskus die Gläubigen auf Spanisch, als er an der Seite Bidens, Boehners und des republikanischen Mehrheitsführers im Senat, Mitch McConnell, heraustrat.
Franziskus hält sich seit Dienstag zu seinem ersten USA-Besuch in Washington auf. Am Mittwoch wurde er von Obama mit militärischen Ehren im Weissen Haus empfangen. Weitere Stationen der Reise sind New York, wo der Papst am Freitag eine Rede vor der UNO-Vollversammlung hält, sowie am Samstag und Sonntag das Weltfamilientreffen in Philadelphia.