Parlament einigt sich bei vorläufiger Anwendung von Staatsverträgen

Der Bundesrat darf grundsätzlich auch in Zukunft in dringenden Fällen Staatsverträge vorläufig anwenden. Neu muss er jedoch darauf verzichten, wenn die zuständigen Parlamentskommissionen beide ihr Veto einlegen. National- und Ständerat sind diesem Vorschlag der Einigungskonferenz gefolgt.

Blick in den Ständeratssaal (Archiv) (Bild: sda)

Der Bundesrat darf grundsätzlich auch in Zukunft in dringenden Fällen Staatsverträge vorläufig anwenden. Neu muss er jedoch darauf verzichten, wenn die zuständigen Parlamentskommissionen beide ihr Veto einlegen. National- und Ständerat sind diesem Vorschlag der Einigungskonferenz gefolgt.

Die UBS-Affäre hatte 2010 die Diskussion um das Verfahren bei der vorläufigen Anwendung von Staatsverträgen ausgelöst. Gegen den Willen der Parlamentskommissionen hatte der Bundesrat damals beschlossen, den UBS-Staatsvertrag mit den USA vorläufig anzuwenden und Daten von Kunden dieser Grossbank auszuliefern. In der Folge verlangte das Parlament eine Änderung der Regeln.

Wie gross das Mitspracherecht des Parlaments sein soll, war zwischen den Räten jedoch umstritten. Am Montag schliesslich stimmte der Ständerat stillschweigend dem Vorschlag der Einigungskonferenz zu; der Nationalrat hatte dies bereits letzte Woche getan. Damit ist die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung.

Veto beider Kommissionen nötig

Geeinigt haben sich die Räte schliesslich auf einen Kompromiss: Der Bundesrat muss in Zukunft zwar auf die vorläufige Anwendung eines Staatsvertrags verzichten, wenn die zuständigen Parlamentskommissionen beide ihr Veto einlegen.

Sind sich die Kommissionen aber nicht einig, gibt es entgegen den früheren Beschlüssen des Nationalrates keine Differenzbereinigung. Und nur indem beide Kommissionen sich dagegen aussprechen, kann der Bundesrat gezwungen werden, auf die vorläufige Anwendung eines Staatsvertrages zu verzichten.

Im Gegenzug erklärte sich der Ständerat einverstanden mit dem Vetorecht der Kommissionen. Ursprünglich hatte er dafür plädiert, dass der Bundesrat die Kommissionen wie bisher bloss konsultieren muss.

Kompetenz «massvoll» eingeschränkt

Durch die Änderungen werde die Kompetenz des Bundesrates «massvoll eingeschränkt» und diejenige des Parlaments «massvoll erweitert», warb Hans Stöckli (SP/BE) im Rat für den Vorschlag der Einigungskonferenz.

Heute kann der Bundesrat bei besonderer Dringlichkeit völkerrechtliche Verträge ohne Zustimmung des Parlaments vorläufig anwenden. Spätestens nach sechs Monaten muss er die Verträge den Räten zur Genehmigung vorlegen. Zwar hat er in einem solchen Fall vorgängig die zuständigen Parlamentskommissionen zu konsultieren, doch ist er nicht an deren Stellungnahme gebunden.

Mit der Gesetzesänderung sind weitere Neuerungen vorgesehen, über die sich die Räte bereits geeinigt haben. Diese betreffen Verträge von «beschränkter Tragweite», die der Bundesrat selbständig abschliessen kann. Das Gesetz präzisiert, welche völkerrechtlichen Verträge als solche gelten und welche nicht.

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