Das Parlament setzt ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Der Nationalrat hat am Mittwoch als Zweitrat dem Beitritt zur Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zugestimmt. Der Entscheid fiel mit 123 zu 50 Stimmen.
Die sogenannte Istanbul-Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu bekämpfen und zu verfolgen. Sie will zudem einen Beitrag gegen die Diskriminierung von Frauen leisten und die Gleichstellung von Frau und Mann fördern.
Die Vertragsstaaten müssen psychische, physische und sexuelle Gewalt für strafbar erklären. Das gilt auch für Stalking, Zwangsheirat, die Verstümmelung weiblicher Genitalien sowie Zwangsabtreibung und Zwangssterilisierung. Gewisse Straftaten müssen auch dann verfolgt werden, wenn sie im Ausland begangen worden sind und dort nicht strafbar sind.
Zudem werden die Vertragsstaaten verpflichtet, präventive Massnahmen wie Sensibilisierungsprogramme vorzusehen. Opfer müssen sie schützen und unterstützen, indem sie genügend Schutzunterkünfte und eine nationale Telefonberatung bereitstellen.
Häusliche Gewalt gehöre in der Schweiz nach wie vor zum Alltag, betonten mehrere Nationalräte. Die Polizei müsse schweizweit rund vierzig Mal pro Tag wegen häuslicher Gewalt ausrücken, sagte Christa Markwalder (FDP/BE). Allein im vergangenen Jahr seien 18 Frauen und ein Mann als Folge von häuslicher Gewalt ums Leben gekommen.
Keine neuen Gesetze
Konkrete Auswirkungen hat der Beitritt zur Konvention keine, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga betonte. Die Schweiz erfülle die Vorgaben bereits. Für die Ratifizierung brauche es keine Gesetzesanpassungen.
Trotzdem sei der Beitritt sinnvoll, zeigte sich der Bundesrat sowie eine Ratsmehrheit überzeugt. Die Schweiz setze mit der Ratifikation ein wichtiges Zeichen – auch an jene Länder, die weniger weitgehende Gesetze zum Schutz vor häuslicher Gewalt haben. «Damit können wir klar zum Ausdruck bringen, dass wir häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen nicht tolerieren», sagte Kommissionssprecherin Viola Amherd (CVP/VS).
In 23 Ländern bereits ratifiziert
Gegen den Beitritt zur Konvention gestellt hatten sich insbesondere Vertreter der SVP. Da die Schweiz bereits über ausreichende gesetzliche Grundlagen verfüge, erübrige sich ein Beitritt, argumentierten die Gegner. Zudem fokussiere die Konvention zu fest auf Frauen. Männer und Knaben würden benachteiligt.
Dem widersprachen die Befürworter. Mit dem Übereinkommen würden auch Männer und Jungen geschützt. Allerdings sei es eine Tatsache, dass die Opfer von häuslicher Gewalt mehrheitlich Frauen seien, sagte Sommaruga.
Die Istanbul-Konvention wurde 2011 vom Europarat ausgearbeitet und bis anhin von 44 Ländern unterzeichnet, 2013 auch von der Schweiz. 23 Länder haben das Übereinkommen ratifiziert.