Parlament kann über automatischen Informationsaustausch entscheiden

Die Tage des Bankgeheimnisses für ausländische Steuersünder sind wohl gezählt. Der Bundesrat legt dem Parlament die Grundlagen für den automatischen Informationsaustausch vor. Er will zudem neue Sorgfaltspflichten für Banken einführen.

Paradeplatz in Zürich, im Hintergrund der Sitz der UBS und vorne rechts jener der Credit Suisse. Der Schweizer Finanzplatz sei auch ohne Bankgeheimnis für ausländische Kunden in einer guten Position, sagte Finanzministerin Widmer-Schlumpf. Archiv) (Bild: sda)

Die Tage des Bankgeheimnisses für ausländische Steuersünder sind wohl gezählt. Der Bundesrat legt dem Parlament die Grundlagen für den automatischen Informationsaustausch vor. Er will zudem neue Sorgfaltspflichten für Banken einführen.

Der Schweizer Finanzplatz sei auch ohne Bankgeheimnis für ausländische Kunden in einer guten Position, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Freitag vor den Medien in Bern. Sie verwies auf die guten Dienstleistungen sowie die wirtschaftliche und politische Stabilität in der Schweiz.

Nicht betroffen ist das Bankgeheimnis im Inland. Der Bundesrat will sich derzeit dazu nicht festlegen: Diese Diskussion werde kommen, sagte Widmer-Schlumpf, spätestens im Zusammenhang mit der Initiative zum Schutz des Bankgeheimnisses. Sie sei aber zu trennen vom automatischen Informationsaustausch mit dem Ausland.

Spontan und automatisch

Heute liefert die Schweiz anderen Staaten Informationen über Steuersünder ausschliesslich auf deren Ersuchen hin. Geht es nach dem Bundesrat, werden die Steuerbehörden künftig von sich aus aktiv, wenn sie auf etwas stossen, das einen anderen Staat interessieren dürfte.

Neben diesem spontanen Informationsaustausch ist die Einführung des automatischen Informationsaustauschs (AIA) mit bestimmten Staaten geplant. Entsprechende Abkommen hat die Schweiz bisher mit der EU und mit Australien unterzeichnet. Darüber wird das Parlament auch entscheiden können. Vorerst geht es aber nur um die rechtlichen Grundlagen.

Regelmässige Meldung

Mit dem AIA müssten Schweizer Banken Finanzdaten von natürlichen und juristischen Personen, die in einem anderen Staat steuerpflichtig sind, den Schweizer Steuerbehörden melden. Diese wiederum würden die Informationen periodisch an die ausländischen Behörden weiterleiten.

Gemeldet werden neben Name, Adresse, Geburtsdatum und Kontonummer die Guthaben auf Konten, Zinsen und Dividenden, die Summe der Erlöse aus der Veräusserung von Finanzvermögen sowie Einnahmen aus bestimmten Versicherungsverträgen.

Mehrere Vorlagen

Im Parlament dürfte sich dafür eine Mehrheit finden: Mit Ausnahme der SVP haben sich in der Vernehmlassung alle grossen Parteien für den AIA ausgesprochen. Technisch hat das Parlament über mehrere Vorlagen zu entscheiden. Eine betrifft das multilaterale Übereinkommen des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen sowie punktuelle Anpassungen des Steueramtshilfegesetzes.

In einer zweiten Vorlage geht es um die multilaterale Vereinbarung MCAA (Multilateral Competent Authority Agreement) und das neue AIA-Gesetz, das die Verfahren und Strafbestimmungen regelt. Zum MCAA schlägt der Bundesrat Vorbehalte und Erklärungen vor. Er will etwa festhalten, dass ausländische Behörden keine Steuerprüfungen in der Schweiz durchführen dürfen.

Erweiterte Sorgfaltspflichten

Mit einer Änderung des Geldwäscherei-Gesetzes will der Bundesrat schliesslich neue Sorgfaltspflichten für Banken einführen. Diese sollen verhindern, dass Banken unversteuerte Gelder annehmen. Der Bundesrat hatte die Massnahme bereits Ende 2012 angekündigt, im Rahmen der Finanzplatzstrategie.

Vorübergehend legte er das Vorhaben dann auf Eis. Nun kommt er darauf zurück. Der Bundesrat will so dafür sorgen, dass auch für Kunden aus Ländern, mit welchen die Schweiz nicht automatisch Informationen austauscht, strengere Regeln gelten. Gegenüber jenen Kunden sollen die Banken besondere Sorgfaltspflichten erfüllen müssen.

Geschäftsbeziehung ablehnen

Bei der Annahme von Geldern sollen die Banken prüfen, ob diese versteuert sind. Die Einzelheiten der risikobasierten Prüfung wären durch die Aufsichtsbehörden und die anerkannte Selbstregulierung festzusetzen.

Muss eine Bank annehmen, dass ihr ein Kunde nicht versteuerte Vermögenswerte anbietet, so hat sie bei Neukunden die Geschäftsbeziehung abzulehnen. Bei bestehenden Kunden legt ein Angebot unversteuerter Gelder den Verdacht nahe, dass auch die bereits bei der Bank liegenden nicht versteuert sind. Die Bank müsste in diesem Fall die Steuerkonformität auch für diese abklären.

Beweislast beim Kunden

Führt die Abklärung zur Annahme, dass tatsächlich nicht versteuerte Vermögenswerte vorliegen, so hat der Kunde der Bank die Steuerkonformität innert angemessener Frist nachzuweisen oder seine Situation zu regularisieren. Gelingt dies dem Kunden nicht, muss die Bank die Geschäftsbeziehung auflösen. Eine Ausnahme sieht der Bundesrat vor, wenn dem Kunden «nicht zumutbare Nachteile» drohen.

Sowohl für Kunden aus der EU als auch für jene aus den USA müssten die Sorgfaltspflichten nicht erfüllt werden, da das FACTA-Abkommen mit den USA faktisch auch einen automatischen Informationsaustausch enthält. Ausserdem gälten die Sorgfaltspflichten nicht gegenüber Kunden, die in der Schweiz steuerlich ansässig sind. In der Vernehmlassung waren die Sorgfaltspflichten noch auf Kritik gestossen. Laut Widmer-Schlumpf ist die Bankiervereinigung nun aber damit einverstanden.

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