Krebserkrankungen sollen künftig schweizweit einheitlich registriert werden. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft zu einem entsprechenden Gesetz ans Parlament geleitet. Kritik zum Datenschutz hat er nach der Vernehmlassung teilweise Rechnung getragen.
Das nationale Krebsregister soll dazu dienen, die Prävention, Früherkennung und Behandlung von Krebs zu verbessern. Nur mit vollständigen Daten lasse sich abklären, ob beispielsweise Atomkraftwerke, Industrieanlagen oder verkehrsreiche Wohnlagen einen Einfluss auf das Krebsrisiko hätten, schreibt der Bundesrat in seiner Botschaft ans Parlament.
Mit solchen Daten lasse sich auch untersuchen, ob das Rauchverbot im öffentlichen Raum zu einem Rückgang der Krebsneuerkrankungen führe oder ob die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs die Zahl der Neuerkrankungen senke.
Widerspruchsrecht für Patienten
Die Daten sollen aber auch zeigen, wie sich die Versorgungslage in einer Region auf die Krankheitsentwicklung auswirkt. Schon heute werden Krebserkrankungen in kantonalen Krebsregistern erfasst. 15 kantonale Register erfassen die Krebserkrankungen von 94 Prozent der Bevölkerung. Nur in den Kantonen Schaffhausen, Schwyz und Solothurn werden die Erkrankungen noch nicht registriert.
Doch die Daten werden nicht nach einheitlichen Kriterien erfasst. Das neue Gesetz regelt, wie die Daten erhoben, registriert und weitergeleitet werden, damit sie auf nationaler Ebene ausgewertet werden können. Erfasst werden sie weiterhin in den kantonalen Krebsregistern.
Für Ärztinnen und Ärzte, Spitäler und andere Gesundheitsinstitutionen ist eine Meldepflicht vorgesehen. Die Patientinnen und Patienten können der Registrierung widersprechen. In der Vernehmlassung waren sowohl lockerere als auch strengere Regeln gefordert worden. Der Bundesrat hat die Regeln in der Folge leicht angepasst.
Risikofaktoren und Lebensumstände
Erfasst werden sollen Basisdaten zur Person, zur Diagnose und Erstbehandlung sowie zum Krankheitsverlauf. Zu bestimmten Krebserkrankungen und Personengruppen sollen zusätzliche Daten erfasst werden. Den Umfang der Zusatzdaten hat Bundesrat jedoch nach der Vernehmlassung eingeschränkt: Sie sollen einzig medizinische Angaben enthalten.
Angaben zur Lebensqualität, zu Risikofaktoren und zu den Lebensumständen sollen nur in Forschungsprojekten untersucht werden dürfen. Bei diesen Daten haben die Patienten nicht nur ein Widerspruchsrecht, sondern müssen explizit ihre Einwilligung geben. Ausserdem muss die Ethikkommission die Projekte bewilligen.
Bearbeitung ohne Namen
Die Daten aus den Kantonen werden durch eine neue nationale Krebsregistrierungsstelle zusammengeführt und aufbereitet. In einem jährlichen Krebsmonitoring und in vertiefenden Berichten sollen sie ausgewertet werden.
Auf nationaler Ebene werden alle Daten zu Krebserkrankungen ohne die Angabe von Namen, Vornamen oder Wohnadresse bearbeitet. Zur Wahrung des Datenschutzes wird die Versichertennummer vor der Übermittlung an die nationale Registrierungsstelle pseudonymisiert.
Auch hier hat der Bundesrat nach der Vernehmlassung Änderungen vorgenommen: Die Pseudonymisierung erfolgt durch einen Dienst des Bundes, der selbst keine Daten zur Krebserkrankung bearbeitet. Die Weitergabe von Daten ans Bundesamt für Statistik mitsamt der Versichertennummer soll zwar möglich sein. Eine Verknüpfung mit Daten aus anderen Erhebungen soll jedoch auf statistische Auswertungen zu Gesundheitsthemen beschränkt werden.
Jährlich 37’000 neue Diagnosen
Jedes Jahr werden in der Schweiz 37’000 neue Krebsdiagnosen gestellt. Über 16’000 Menschen sterben jährlich an der Krankheit. Durchschnittlich entwickelt jede dritte Person im Laufe ihres Lebens eine Krebserkrankung, wobei rund 45 Prozent der Diagnosen bei Personen im Alter von 70 Jahren oder mehr gestellt werden. Wegen der Alterung der Bevölkerung rechnen die Behörden mit einer Zunahme der Krebserkrankungen in den nächsten Jahren.
Für andere nicht übertragbare Krankheiten, die stark verbreitet sind – beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes – sieht der Gesetzesentwurf eine finanzielle Unterstützung entsprechender Register vor.
Heute gibt der Bund für die Krebsregistrierung jährlich 1,4 Millionen Franken aus. Das neue Gesetz würde zu Mehrausgaben in Höhe von 1,13 bis 1,62 Millionen Franken führen, wie der Bundesrat in der Botschaft ans Parlament schreibt. Für die Förderung der Registrierung anderer Krankheiten sind weitere Ausgaben von jährlich maximal einer Million Franken vorgesehen.