Parlament sagt Ja zu nachträglicher Information bei Steueramtshilfe

Steuersünder müssen nicht mehr in jedem Fall vorgängig informiert werden, wenn die Schweiz Daten über sie an andere Staaten übermittelt. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Revision des Steueramtshilfegesetzes gutgeheissen.

Widmer-Schlumpf zum Steueramtshilfegesetz im Herbst 2012 (Archiv) (Bild: sda)

Steuersünder müssen nicht mehr in jedem Fall vorgängig informiert werden, wenn die Schweiz Daten über sie an andere Staaten übermittelt. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Revision des Steueramtshilfegesetzes gutgeheissen.

Der Ständerat folgte am Donnerstag den Beschlüssen des Nationalrates und sprach sich mit 34 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen für die Vorlage aus. Diese ist damit bereit für die Schlussabstimmung am Ende der Session.

Mit der Gesetzesrevision macht die Schweiz eine weitere Konzession beim Bankgeheimnis. Das Parlament hatte die Regeln für die Amtshilfe bei Steuerdelikten in den letzten Jahren mehrmals angepasst, um internationale Forderungen zu erfüllen.

Empfehlung des Global Forum

Mit der jetzigen Anpassung möchten der Bundesrat und das Parlament erreichen, dass die Schweiz zur zweiten Phase des Peer Review zugelassen wird und diese auch besteht. Es handelt sich dabei um eine Prüfung durch das «Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes» , ein Gremium der OECD.

Die Möglichkeit der nachträglichen Information ist eine von drei Massnahmen, die das Global Forum der Schweiz 2011 empfohlen hatte. Die zweite Massnahme betrifft die Transparenz bei Inhaberaktien, die dritte die Anzahl Doppelbesteuerungsabkommen mit Amtshilfeklauseln nach OECD-Standard. Eine der drei Empfehlungen muss die Schweiz vollständig umsetzen, damit sie zur zweiten Phase zugelassen wird.

Bedingungen verschärft

National- und Ständerat haben sich nun damit einverstanden erklärt, dass in bestimmten Fällen die Betroffenen erst nachträglich informiert werden. Sie verschärften aber die Bedingungen etwas: Der andere Staat soll geltend machen müssen, dass eine vorgängige Information des Betroffenen sowohl den Zweck als auch den Erfolg der Untersuchung gefährden würde.

Diese kumulative Formulierung fand auch im Ständerat eine Mehrheit, wenn auch eine knappe: Bei 18 zu 18 Stimmen fällte Ratspräsident Hannes Germann (SVP/SH) den Stichentscheid. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hatte vergeblich dazu aufgerufen, nicht von der «oder»-Formulierung des internationalen Standards abzuweichen. Laut Widmer-Schlumpf ist der Unterschied materiell zwar nicht gross, doch könnte das Abweichen zu Problemen führen.

Rechtsstaatliche Bedenken

Der Kern der Revision – die Möglichkeit zur nachträglichen Information – war im Parlament ebenfalls umstritten. In beiden Räten wurden rechtsstaatliche Bedenken geäussert. Es stelle sich die Frage der Verfassungsmässigkeit, sagte Peter Föhn (SVP/SZ).

Die Mehrheit befand aber, die Anpassung sei nötig, um Sanktionen gegen die Schweiz zu verhindern. «Wer auf dem internationalen Feld mitspielen will, muss die internationalen Regeln akzeptieren», sagte Roberto Zanetti (SP/SO).

Der Bundesrat hatte eingeräumt, dass die Änderung heikel sei. Sie stelle eine Einschränkung der in der Verfassung garantierten Rechtsweggarantie dar. Es liege jedoch im Interesse der Schweiz, den Empfehlungen der OECD nachzukommen.

Gruppenanfragen präzisiert

Im Gesetz wird auch präzisiert, was unter Gruppengesuchen zu verstehen ist. Dabei handelt es sich um Gesuche, mit welchen Informationen über mehrere Personen verlangt werden, die nach einem identischen Verhaltensmuster vorgegangen sind und anhand bestimmter Angaben identifizierbar sind.

Was Gruppengesuche genau beinhalten müssen, bestimmt der Bundesrat. Solche Gesuche sind bereits nach dem geltenden Gesetz möglich. Neu wird ein auf Gruppengesuche zugeschnittenes Informationsverfahren geschaffen.

Nicht auf Basis gestohlener Daten

Verzichtet hatte der Bundesrat nach der Vernehmlassung auf eine Lockerung der Regeln zum Umgang mit gestohlenen Daten. Ursprünglich hatte er Amtshilfe bei gestohlenen Daten zulassen wollen, sofern der andere Staat die Daten nicht aktiv beschafft hat oder beschaffen liess. Nach heftiger Kritik liess er den Plan fallen. Die Gegner argumentierten, damit würde ein Anreiz für kriminelle Handlungen geschaffen.

Dass eine weitere Anpassung nötig wird, ist aber nicht ausgeschlossen. Weil die Schweiz auf Basis gestohlener Daten keine Amtshilfe leistet, sind Hunderte von Gesuchen blockiert. Im Bericht zur Vernehmlassung hatte der Bundesrat geschrieben, wichtige Partnerländer gäben sich mit der aktuellen Praxis nicht zufrieden, was zu einem grossen Politikum zu werden drohe.

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