Der Baselbieter Landrat hat am Donnerstag nach erneuter Debatte eine Parlamentsreform verabschiedet. Dabei tat er sich auch in der zweiten Lesung schwer mit dem Geschäft. Das letzte Wort liegt beim Volk.
Am Ende der Debatte machte ein SP-Landrat seinem Ärger Luft: Es sei „unglaublich“, dass der Landrat erneut so viel Zeit für ein Geschäft aufgewendet habe, das von seiner Justiz- und Sicherheitskommission einstimmig in den Rat eingebracht worden sei. Eineinhalb Stunden hatte am Donnerstag allein die zweite Lesung der Vorlage gedauert.
Grund für das recht aufwendige Vorgehen war insbesondere eine Reihe von Anträgen der SVP. Die Fraktion war im wesentlichen gegen die Erweiterung der Parlamentsleitung und wollte das Instrument der Interpellation streichen, ein Kontingentssystem für Vorstösse aus den Parteien einführen und bei Abstimmungen mit qualifiziertem Mehr dieses erhöhen.
Nicht nochmals an Kommission
Ratsmitglieder anderer Fraktionen monierten, solche Anträge hätten eigentlich in die Kommissionsberatungen gehört. Ein Antrag der FDP, das ganze Geschäft nochmals einer Spezialkommission zu geben, die neu aus den Fraktionspräsidenten zu bilden wäre, wurde indes abgelehnt.
Schliesslich scheiterten auch die hauptsächlichen Anträge der SVP. Das gleiche Schicksal erlitt zudem ein Antrag der glp, die eine andere Berechnungsweise bei der Zuteilung von Landratspräsidium und -vizepräsidien auf grosse und kleine Parteien wollte.
Am Ende hiess der Rat die für die Reform nötige Änderung der Kantonsverfassung mit 46 zu 28 Stimmen gut. Der gesamte Landratsbeschluss mit den Änderungen des Landratsgesetzes und des Geschäftsführungsdekrets wurde mit 52 zu 29 Stimmen gutgeheissen. Dagegen votiert hatten die SVP und die grosse Mehrheit der FDP.
Letztes Wort beim Volk
Verfehlt wurde mit dem Ergebnis allerdings das Vier-Fünftel-Mehr von 65 Stimmen. Sowohl über die Verfassungs- wie auch die Gesetzesänderungen muss daher das Volk an der Urne entscheiden.
Von den Neuerungen der Reform ist die Neuformierung der Landratsspitze die gewichtigste. Künftig soll statt des bisherigen Präsidiums und Vizepräsidiums eine Geschäftsleitung aus Präsidium, zwei Vizepräsidien und den Fraktionspräsidien das Parlament leiten. Die SVP wollte beim heutigen System bleiben, scheiterte aber.
Die Reform sieht weiter eine Reihe von Massnahmen zur Effiziensteigerung vor wie etwa mehr Befugnisse der Kommissionen bei der Behandlung von Vorstössen oder Beantwortungsfristen für Interpellationen. Etwas erhöht werden die Fraktionsentschädigungen. Neu geregelt wird mit der Vorlage aber auch Steuerung und Kontrolle der Beteiligungen des Kantons durch Regierung und Parlament.
Leidensgeschichte
Mit der Reform seiner selbst hatte sich der Landrat von Anfang an schwer getan. Das Geschäft geht auf das Jahr 2009 zurück, und im Plenum wurde erstmals 2010 über eine Vorlage beraten. Angestossen worden war sie von einem Vorstoss der CVP/EVP-Fraktion. Wenig damit anfangen konnten schon zu Beginn FDP und SVP, die – wenn auch erfolglos – gar nicht darauf eintreten wollten.
Der Rat wies das Geschäft danach wieder an eine Spezialkommission zurück. Denn in der damaligen Hauptfrage, der Schaffung eines regierungsunabhängigen Parlamentsdienstes, war er gespalten geblieben. Im Februar 2011 sprach sich der Landrat schliesslich für eine Reform mit den jetzt beratenen Teilen, aber ohne strittigen Parlamentsdienst aus.
Die Regierung wurde dabei beauftragt, die nötigen Verfassungs-, Gesetzes- und Dekretsänderungen zu erarbeiten. Dies führte zu der am Donnerstag verabschiedeten Vorlage. Doch die Ankündigung ihrer Änderungsanträge durch die SVP und zwei Rückweisungsanträge gaben schon in der ersten Lesung vom vergangenen 27. März der Debatte eine teils chaotische Note.