Kälber sollen bereits ab dem Alter von 121 Tagen auf öffentlichen Schlachtviehmärkten angeboten werden dürfen. Der Nationalrat hat am Dienstag eine vom Ständerat leicht abgeänderte Motion an den Bundesrat überwiesen.
Der Ständerat hatte präzisiert, dass die tiefere Altersgrenze für die Handelsklasse «Jungvieh» gelten soll. Das soll gewährleisten, dass die öffentlichen Märkte nicht für Schlachtkälber geöffnet werden.
Seit dem 1. Juli 2014 dürfen Kälber erst ab 161 Tagen auf Schlachtviehmärkten angeboten werden. Es handelt sich um eine Folge der aus Tierschutzgründen getroffenen Vereinbarung, wonach Kalbfleisch auch rosa sein darf. Damit eine Unterscheidung möglich ist, wurden die jungen Kälber von den Märkten ausgeschlossen.
Höhere Kosten für Bauern
Betroffen sind vor allem Bauern im Berner Oberland. Motionär Erich von Siebenthal (SVP/BE) kritisierte, durch die Änderung seien die Bauern gezwungen, die Tiere länger auf dem Betrieb zu halten – mit entsprechenden Folgekosten. Die Vermarktung von sogenannten Fressern im Alter zwischen 120 und 160 Tagen sei ein wichtiger Betriebszweig für viele Betriebe im Berggebiet. Die Einschränkung auf die Handelsklasse «Jungvieh» beurteilte er skeptisch.
Hansjörg Walter (SVP/TG) sagte im Namen der vorberatenden Kommission, es sei denkbar, dass die Motion nicht umgesetzt werden müsse. Die Branche habe nämlich inzwischen eine Lösung gefunden. Es sei aber wichtig, mit der Motion den Druck aufrecht zu erhalten.
Unverhältnismässig und teuer
Gegen den Vorstoss stellte sich eine von Beat Jans (SP/BS) angeführte Minderheit. Die Umsetzung würde 200’000 bis 300’000 Franken kosten, weil die Tierverkehrsdatenbank angepasst werden müsste – und das nur, damit ein paar Kälber im Berner Oberland teurer verkauft werden könnten. «Das können Sie niemanden erklären», sagte Jans. Es gehe um 3000 Kälber.
Kälber, die nicht geschlachtet werden dürften, hätten auf Schlachtviehmärkten nichts verloren, sagte Jans. Solche jungen Kälber sollten nicht zu Märkten gekarrt werden, sie ertrügen das nämlich nicht und müssten dann mit Antibiotika behandelt werden.
«Perverses System»
Die Bauern möchten laut Jans die Tiere deshalb auf den Schlachtviehmärkten verkaufen, weil sie so eine höhere Inlandleistung geltend machen können. Wenn sie inländisches Vieh verkauften, würden sie Rechte für den Import von ausländischem Vieh erwerben, erklärte Jans. Er sprach von einem «perversen System».
Auch der Bundesrat sprach sich gegen die Motion aus. Er erinnerte an den Konsens der so genannten «Kälbergipfel» von Landwirtschaft, Tierschutz und Konsumentenorganisationen. Zum einen wurden dort Grenzwerte für die Kalbfleischfarbe festgelegt, zum anderen wurde das maximale Schlachtalter von 160 Tagen als neues Qualitätskriterium definiert.
Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann stellte fest, dass das Anbieten junger Tiere auf öffentlichen Märkten auch aus Tierschutz- und Absatzgründen wenig zielführend sei. Besser als eine teure Änderung der Datenbanken sei es, auf die von Walter erwähnte Branchenlösung zu setzen. Der Nationalrat stimmte der Motion trotzdem zu, mit 100 zu 87 Stimmen bei 1 Enthaltung.