Parlamentarier aller Parteien zeigen Solidarität mit dem Engagement des Dalai Lama. Bei einem informellen Austausch im Bundeshaus erwiesen sie dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter Anerkennung für dessen «unermüdliche und gewaltfreie» Friedensbemühungen.
Nationalratspräsidentin Maya Graf (Grüne/BL) nahm den Dalai Lama am Dienstag vor dem Haupteingang des Bundeshauses in Empfang. Anlass für das Treffen sei die Sorge um die aktuelle Lage in Tibet, sagte Nationalrätin Tiana Angelina Moser (GLP/ZH) im Namen der Parlamentarischen Gruppe Tibet vor den Medien in Bern. Die Verzweiflung der Tibeter finde immer häufiger «traurigen Ausdruck in Selbstverbrennungen».
Die Parlamentarische Gruppe Tibet sowie die Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft (GSTF) fordern laut Moser auch ein stärkeres Engagement der Schweiz für die Grundrechte in Tibet. Das Anliegen sei in allen Fraktionen abgestützt.
Bereits 114 Menschen hätten sich seit 2009 selbst verbrannt, präzisierte Nationalrat Martin Naef (SP/ZH). Die Schweiz dürfe Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsumsiedlungen, Ausbeutung von Rohstoffen und Beschneidung der religiösen und kulturellen Identität nicht ignorieren.
Keine Handelsbeziehungen um jeden Preis
Dies sei gerade vor dem Hintergrund des angestrebten Freihandelsabkommens mit China wichtig. «Wir sind nicht gegen Handelsbeziehungen mit China», so Naef, «aber die Schweiz darf nicht riskieren, dass Waren aus Zwangsarbeitslagern importiert werden.»
Die 31 in der Parlamentarischen Gruppe Tibet vertretenen Parlamentsmitglieder hatten auch den Bundesrat gebeten, den Dalai Lama zu empfangen. Ein Treffen kam aber nicht zustande. Frühere Empfänge des Dalai Lama durch die Landesregierung hatten jeweils zu diplomatischen Verstimmungen mit China geführt.
Der Dalai Lama selbst freute sich, wieder einmal in der Schweiz zu sein. Die Tibeter, die in der Schweiz leben, seien sehr glücklich und gut integriert. «Und was noch wichtiger ist: Sie haben ein gutes Verhältnis mit den Einheimischen», sagte der Friedensnobelpreisträger vor den Medien.
Der Dalai Lama hält sich seit Freitag in der Schweiz auf. Er referierte verschiedentlich und nahm buddhistische Unterweisungen und Initiationen vor. Am Mittwoch beendet er seinen Aufenthalt in der Schweiz mit einem Besuch im Tibet-Institut in Rikon ZH.
China besetzte Tibet 1951 und kontrolliert die autonome Region sowie die anliegenden Provinzen, wo ebenfalls zahlreiche Tibeter leben, mit harter Hand. Die Tibeter klagen seit Jahrzehnten über soziale und religiöse Diskriminierung. Heute leben etwa 128’000 Tibeter in der Diaspora; ihren Sitz hat die Regierung im nordindischen Dharamsala.