FDP und SVP vertreten im Parlament in Bern die KMU am besten. Das zeigt eine Auswertung des Abstimmungsverhaltens. An deren Spitze steht FDP-Nationalrat Filippo Leutenegger (ZH). Doch den nächsten FDP-Vertreter findet man erst auf Rang 44 wieder.
Die Plätze davor sind alle vom SVP-Parlamentariern belegt. Gemessen an dieser Rangliste hat die SVP die traditionelle Wirtschaftspartei FDP als KMU-freundlichste Partei der Schweiz überholt. Beim KMU-Rating 2011 waren die ersten 16 Ränge noch allesamt von FDP-Parlamentariern besetzt gewesen. Erst auf Rang 17 folgte damals mit Peter Spuhler der erste SVP-Mann.
«Wechsel hat stattgefunden»
«Es hat tatsächlich ein Platzwechsel stattgefunden von der FDP zur SVP», sagte der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv, Hans-Ulrich Bigler, der Nachrichtenagentur sda.
Der sgv hatte die Analyse zusammen mit dem Gewerbeverband Berner KMU in Auftrag gegeben. Die Resultate wurden am Freitag in der «Schweizerischen Gewerbezeitung», einem Organ des sgv, veröffentlicht.
SVP-Parteipräsident Toni Brunner überrascht es nicht, dass in dieser Rangliste die SVP die FDP überholt hat. «Ich bin immer davon ausgegangen, dass die SVP die KMU-freundlichste Politik macht. Dieses Mal bildet das Rating das tatsächliche Bild auch ab.»
FDP-Fraktionspräsidentin Gabi Huber wiederum kann sehr gut mit dem zweiten Platz leben: «Die Positionen der FDP und des Gewerbeverbandes stimmen offenbar in wesentlichen Fragen nicht überein.»
Akzente verschoben?
Der SVP-Präsident sieht einen weiteren Grund für die Verschiebung: Es komme nämlich immer darauf an, welche Fragen man stelle und wie diese gewichtet werden.
Huber kann dem zustimmen: Sie finde es «geradezu skandalös», dass bei der Auswertung des Abstimmungsverhaltens ausgerechnet Abstimmungen über Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nicht berücksichtigt wurden. DBA seien aber für die Exportwirtschaft und damit für KMU wichtig. «Von der SVP werden die DBA aber notorisch abgelehnt.» Die FDP folge nicht einfach blind den Empfehlungen des sgv, sagte Huber.
Ausgangspunkt der Analyse waren diese sgv-Empfehlungen für Abstimmungen im Parlament. Der auf Politikanalyse im Internet spezialisierte Verein Politools verglich das Abstimmungsverhalten der Parlamentsmitglieder in 151 Abstimmungen mit den sgv-Empfehlungen. Diese Abstimmungen fanden während den ersten beiden Jahren der seit Dezember 2011 laufenden Legislatur statt.
Huber, die im Rating vom Platz 12 im Jahr 2011 auf Rang 70 abgerutscht ist, zeigte sich sogar «in der Anbetracht dieser Übungsanlage sehr zufrieden» und stellte klar: «Die FDP-Fraktion im Parlament ist nicht Befehlsempfängerin des sgv. Wir verfolgen eine liberale Politik.»
Schielen auf Bundesratswahlen
Gewerbeverbandsdirektor Bigler dagegen sagte zu den Verhältnissen im neuen Parlament, heute machten die Mitteparteien mehr Konzessionen gegenüber den Polparteien links wie rechts – aus wahltaktischen Gründen. Dabei hätten die Mitteparteien die Bundesratssitze im Blick.
Brunner wiederum erklärte, das Parlament sei mit den letzten Wahlen «noch etwas pluralistischer und deshalb etwas unberechenbarer» geworden. Huber hielt dagegen, die FDP halte seit Jahren den gleichen Kurs. Ihre Partei sei punkto Standpunkte am stabilsten, sagte sie und verwies auf eine andere Polit-Analyse vom vergangenen Herbst.