Sportminister Parmelin schüttelt in Rio nicht nur Gewinnerhände, er sieht sich auch mit Forderungen nach Millionen für den Spitzensport konfrontiert. Swiss Olympic droht, die Schweiz verliere den Anschluss an die Spitze. Der Bund müsse sparen, entgegnet Parmelin.
Bundesrat Guy Parmelin besucht in Rio de Janeiro Wettkämpfe mit Schweizer Athleten und gratuliert Medaillengewinnern wie Fabian Cancellara – er trifft aber auch Vertreter von Sportverbänden und -organisationen. So sprach er am Freitagmorgen mit IOC-Präsident Thomas Bach unter anderem über Doping und die Sportinfrastruktur in Rio.
Vor Ort sind auch Schweizer Funktionäre wie Swiss-Olympic-Präsident Jörg Schild. Er fordert vom Bund seit Längerem zusätzliche 15 Millionen Franken für den Spitzensport. Bisher vergeblich: Der Bundesrat hat im Mai mitgeteilt, er sehe für die Erhöhung der Beiträge für den Leistungssport vorderhand «keinen Handlungsspielraum».
Schild lobbyiert nun in Rio auf höchster Ebene. «Ich habe schon Bundespräsident Schneider-Ammann klar gemacht, wofür wir die Gelder brauchen», sagte Schild zur sda. Und auch mit Guy Parmelin hat er gesprochen. Der Bund müsse ein Zeichen setzen, dass er den Leistungssport unterstütze, «er hat den privatrechtlichen Sport vernachlässigt».
«Der Bund muss sparen»
Sportminister Parmelin lässt die Kritik der mangelnden Unterstützung nicht gelten. «Der Bund muss sparen», sagte er in Rio zur Nachrichtenagentur sda. Immerhin unterstütze er mit den Sportzentren in Magglingen BE und Tenero TI die Infrastruktur, er unterstütze die Verbände sowie die Jugend-Winterspiele 2020 in Lausanne und die Winteruniversiade 2021 in Luzern. «Es braucht immer gute Projekte, und das letzte Wort hat das Parlament, das ein Stabilisierungsprogramm beschlossen hat.»
Die Frage, ob der Sport im Parlament im Gegensatz zu den Bauern eine schlechte Lobby habe, beantwortet Parmelin mit einem deutlichen Nein: «Die parlamentarische Gruppe Sport ist eine der besseren Lobbyisten.» Die Gruppe, der rund die Hälfte der Parlamentsmitglieder aus praktisch allen Parteien angehört, setze sich fast immer durch, wenn es darum gehe, Kürzungen bei Jugend und Sport zu verhindern.
«Sonst kann die Schweiz nicht mithalten»
Swiss Olympic aber fordert seit der Vernehmlassung zur «Gesamtschau Sportförderung» mehr: 15 Millionen Franken sollen vornehmlich für Trainerförderung, Unterstützung nationaler und regionaler Leistungszentren sowie die Finanzierung olympischer Missionen eingesetzt werden. Das Geld sei nötig, «wenn die Schweiz im internationalen Vergleich künftig überhaupt noch mithalten will», hatte Schild im Frühjahr gesagt.
Kurz zuvor war bekannt geworden, dass die Kantone ihre Unterstützung für den Spitzensport in den nächsten drei Jahren erhöhen werden. Die Versammlung der 20 Genossenschafter der «Swisslos Interkantonale Landeslotterie» (alle Deutschschweizer Kantone und der Kanton Tessin) hatte beschlossen, den Beitrag an Swiss Olympic um rund 15 Millionen Franken zu erhöhen.
Befristeter Beitrag der Kantone
Der Betrag ist allerdings vorerst auf drei Jahre befristet. Für die Zeit danach ist die Erhöhung an die Bedingung geknüpft, dass der Bund bis spätestens in drei Jahren die andere Hälfte der von Swiss Olympic geforderten Mittel bereitstellt. Schild hat nun Angst, dass daraus nichts wird. «Wenn der Bund nicht zahlt, steigen die Kantone aus», sagte er in Rio.
Sportminister Parmelin stellt sich auf den Standpunkt, dass das Parlament entscheide. Deshalb will Schild nun auch «den Parlamentariern klarmachen, wofür es die Mittel braucht». Für Swiss Olympic ist klar: «Ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung wird die Sport-Schweiz den Anschluss an die internationale Spitze verlieren.»