FDP und BDP wollen eine neue Abstimmung über die Zuwanderung, auch SP und CVP scheinen nicht abgeneigt. Notfalls wollen die Freisinnigen auch die Kontingente opfern. Die SVP ist schockiert.
Die Vorschläge richten sich gegen den bundesrätlichen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Der Bundesrat will Kontingente und Inländervorrang – gegenüber EU-Bürgern sollen diese Regeln aber nur gelten, wenn sich die Schweiz und die EU über das Freizügigkeitsabkommen einigen können. Die Vernehmlassung zum Entwurf endet am kommenden Donnerstag.
Die FDP hält wenig von den Plänen des Bundesrates. Sie seien eine «schlechte Ausgangslage», findet die Partei. Die EU habe gar kein Interesse zu verhandeln, wenn EU-Bürger bei Nicht-Einigung von den Bestimmungen ausgenommen sind. Falls die EU nicht auf Kontingente eingeht, will die FDP deshalb über eine «europakompatible Option» abstimmen lassen, wie Präsident Philipp Müller in der SonntagsZeitung sagte.
Korrekt oder «hart, aber fair»
In der SonntagsZeitung brachte Philipp Müller nun eine Variantenabstimmung ins Spiel: Darin könnte gewählt werden zwischen einer korrekten Umsetzung, die das Ende der Bilateralen I bedeute, und einer Umsetzung gemäss dem FDP-Konzept ‚hart, aber fair‘. Letzteres könnte laut Müller die Bilateralen retten.
Die «europakompatible» FDP-Option besteht aus mehreren Massnahmen zur Zuwanderungsbeschränkung ohne Kontingente – etwa Schritte gegen Missbräuche der Personenfreizügigkeit, für eine Einschränkung der Einwanderung aus Drittstaaten und für einen rascheren und konsequenteren Vollzug im Asylbereich. Müller zeigt sich überzeugt, dass damit eine Reduktion der Einwanderung erreicht werden könnte. Zahlen nennen wollte er nicht.
Kontingente für SP ineffizient
Ins gleiche Horn wie die FDP stösst die BDP. Sie lehnt das vorgeschlagene Ausländergesetz ab – denn sie hält es weder für verfassungskonform, noch glaubt sie, dass damit die Zuwanderung gesenkt werden könnte. «Es führt letztlich kein Weg daran vorbei, dass das Schweizer Stimmvolk das Verhältnis zu Europa klärt und sich zu den Bilateralen Verträgen äussert», schreibt die BDP.
Die SP unterstützt zwar das bundesrätliche Vorgehen, mit der EU über die Regeln für ihre Bürger zu verhandeln. Sie ist aber einer erneuten Abstimmung ebenfalls nicht abgeneigt, wie aus ihrer Stellungnahme hervorgeht.
Die SP unterstütze es, «dass eine absehbare Volksabstimmung über den verlässlichen Fortbestand der bilateralen Verträge mit einer vertieften Weiterentwicklung der Beziehung mit der EU verbunden wird», heisst es darin. Kontingente halten die Sozialdemokraten für ineffizient.
Toni Brunner ist «schockiert»
Die CVP geht in ihrer Antwort nicht auf eine mögliche neue Abstimmung ein. Laut der Westschweizer Zeitung Le Temps ist Parteivizepräsident Dominique de Buman aber bereit, über einen Urnengang zu diskutieren – auch wenn er das für riskant hält. Der Freiburger Nationalrat glaubt, dass eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer die Bilateralen retten will.
SVP-Präsident Toni Brunner zeigte sich am Pfingstsonntag in der Tagesschau von Fernsehen SRF «schockiert» über die Pläne. Damit signalisierten die FDP, der Bundesrat und die anderen Parteien der EU bereits jetzt, dass man halt noch einmal abstimme, wenn sie nicht verhandle.