Parteien zerzausen Bundesratsvorschläge zur RASA-Initiative

Die Parteien unter der Bundeshauskuppel halten nicht viel von den zwei Vorschlägen des Bundesrates, die der RASA-Initiative den Wind aus den Segeln nehmen sollen. Sie erwarten mehr als nur ein Flickwerk am bestehenden Verfassungsartikel.

Raus aus der europa- und zuwanderungspolitischen Sackgasse: Bundesrat und Parteien sind sich nicht einig, wie eine Gegenvorschlag zur RASA-Inititaive aussehen könnte. (Archivbild) (Bild: sda)

Die Parteien unter der Bundeshauskuppel halten nicht viel von den zwei Vorschlägen des Bundesrates, die der RASA-Initiative den Wind aus den Segeln nehmen sollen. Sie erwarten mehr als nur ein Flickwerk am bestehenden Verfassungsartikel.

Die Initiative «Raus aus der Sackgasse» (RASA) will den Zuwanderungsartikel aus der Verfassung streichen. Der Bundesrat hingegen möchte die Verfassung mit der vom Parlament beschlossenen Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative in Einklang bringen.

Dafür hat der Bundesrat zwei Varianten ausgearbeitet. Bei der ersten will er den Zuwanderungsartikel derart ergänzen, dass bei der Steuerung der Zuwanderung völkerrechtliche Verträge berücksichtigt werden müssen. Zudem soll die Umsetzungsfrist von drei Jahren aus der Verfassung gestrichen werden.

Die zweite Variante beschränkt sich auf die Streichung der Umsetzungsfrist. Der Konflikt zwischen Verfassung und Umsetzungsgesetz bliebe damit vorläufig bestehen, da die Umsetzung weder Kontingente und noch Inländervorrang vorsieht, sondern lediglich eine Vorzugsbehandlung für Stellensuchende. Auch das Verbot, neue völkerrechtliche Verträge im Widerspruch zum Zuwanderungsartikel abzuschliessen, bliebe in der Verfassung.

Parteien wollen kein Flickwerk

Die Vorschläge werden in der verkürzten Vernehmlassung von den Parteien zerzaust. Allen voran kritisiert die SVP die beiden Gegenentwürfe, die keine seien. Mit Variante 1 verhindere der Bundesrat die eigenständige Steuerung der Zuwanderung und stelle fremdes über eigenes Recht, teilte sie in der Rhetorik ihrer Selbstbestimmungsinitiative mit. Die zweite Variante kritisiert sie als «reine Auftragsverweigerung».

Auf der anderen Seite wirft die SP dem Bundesrat eine «Alibiübung» und «untaugliche Varianten» vor. Sie fordert einen Gegenvorschlag, der die Verfassung nicht einfach repariere, sondern weiterentwickle und die «guten Beziehungen zu Europa festigt und fortentwickelt».

Auch die FDP sieht noch «Verbesserungspotenzial bei der materiellen Ausgestaltung des definitiven Entwurfs». Dabei müsse im Vordergrund stehen, dass die Bilateralen rechtlich gesichert würden und die Lücke zwischen Verfassung und Umsetzungsgesetz geschlossen würde.

Wenn schon eine Europa-Abstimmung angestrebt werde, dann mit einer Vorlage, «die einen echten Mehrwert schafft», fordert die CVP. Ein solcher Verfassungsartikel müsse den bilateralen Weg als Grundlage verankern. Zudem müsste er festlegen, dass Bund und Kantone die Bedürfnisse der Bevölkerung angemessen berücksichtigen müssten.

Am besten wäre es ihrer Meinung jedoch, wenn die RASA-Initiative zurückgezogen würde. Dieses Ansinnen lehnt Mit-Initiant Andreas Auer jedoch ab. Einzig wenn das Parlament einen wirklich guten Gegenvorschlag ausarbeitete, könnte ein solcher Schritt in Betracht gezogen werden.

Für die BDP bringen die beiden Varianten des Bundesrates keine Klärung im europa- und zuwanderungspolitischen Spannungsfeld. Viel mehr hätte sie eine konkrete Abstimmungsfrage erhofft, die eine Wahl zwischen den Bilateralen und einer restriktiven Zuwanderungsregelung mit Höchstzahlen und Kontingenten ermöglicht hätte.

Konkrete Gegenvorschläge

Wo die meisten Parteien Verbesserungspotenzial orten oder Mehrwert und Weiterentwicklung der Verfassung fordern, haben Grüne und GLP bereits konkrete Gegenvorschläge formuliert.

Die GLP fordert statt eines «Gebastels» einen «echten Gegenvorschlag», der ohne Höchstzahlen und Kontingente auskommt und sich «unmissverständlich» zu den völkerrechtlichen Verträgen wie der Personenfreizügigkeit bekennt. Sollte das Parlament anders entscheiden, stimme die GLP der RASA-Initiative zu.

Die Grünen gehen einen Schritt weiter. Sie fordern, dass Bund und Kantone «mit arbeitsmarktlichen sowie familien- und bildungspolitischen Massnahmen die Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotentials» fördern. Zudem wollen sie die flankierenden Massnahmen verankern.

Unklare Ausgangslage

Mit der Vernehmlassungsvorlage hat der Bundesrat Anfang Februar seine bereits im Dezember vorgestellten Pläne konkretisiert. Die Ausgangslage war jedoch bereits nicht mehr dieselbe. Im Dezember sah es noch so aus, als würde das vom Parlament beschlossene Umsetzungsgesetz unangefochten in Kraft treten. Inzwischen sammeln mehrere Bürgerkomitees Unterschriften für ein Referendum.

Zusätzlich könnte dereinst die Kündigung der Personenfreizügigkeit Thema werden. Die SVP droht in ihrer Stellungnahme zu den beiden Gegenvorschlägen zur RASA-Initiative mit einer neuerlichen Volksinitiative. Zudem lässt ein unbekannter Verein «VISIONswiss für unsere Kinder» die Initiative «Zuerst Arbeit für Inländer» (ZAFI) bei der Bundeskanzlei vorprüfen: Die Zuwanderung soll eingeschränkt werden, sobald die Erwerbslosigkeit 3,5 Prozent übersteigt.

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