Das Theater Marie bringt Paul Hallers Mundartstück «Marie und Robert» 100 Jahre nach seiner Uraufführung – wiederum in Aarau – ins Stadtmuseum. Regisseur Olivier Keller lässt das Sozialdrama in einem Container spielen.
Hätte Marie (Barbara Heynen) auf ihre Jugendliebe Robert (Andri Schenardi) gewartet und nicht den reichen und brutalen Theophil (Michael Wolf) geheiratet, wäre ihr Glück vollkommen gewesen. Nun aber wohnen sie in explosiver Nachbarschaft, Robert mit seiner Mutter (Suly Röthlisberger) in ihrem kleinen Heimet, Marie und ihr Mann im Gasthof nebenan.
Das im April 1917 uraufgeführte Stück des Aargauer Schriftstellers Paul Haller (1882-1920) erzählt von Armut, Fabrikarbeit und Klassenkampf, insbesondere aber von einer Liebe, die im Herrschaftssystem und im engen moralischen Korsett der Zeit keine Chance hat. Mord und Meineid ebnen einen gemeinsamen Weg, der Robert und Marie aber in den Abgrund führt.
Mit den historischen Kostümen (Senta Amacker), der Ausstattung und der Mundart bleibt das Stück, eine Koproduktion mit dem Theater Tuchlaube Aarau und dem Theater im Kornhaus Baden, ganz in seiner Zeit verhaftet. Innovativ ist die Inszenierung gleichwohl.
Zu Beginn ist der Container geschlossen, nur zwei kleine erleuchtete Fenster gewähren marginale Einblicke. In diesem ersten Akt, dem das Publikum mit Kopfhörer beiwohnt, hat «Marie und Robert» die Qualität eines Hörspiels. Dann öffnet sich die Wand des Containers, er wird zur Guckkastenbühne. Weil die Geräuschkulisse aber bleibt, ist das Stück nun ein Hör- und Schauspiel.
Im dritten Akt schliesslich fällt die Geräuschkulisse weg, die Kopfhörer verlieren ihre Funktion. Die Bühne erweitert sich über den Guckkasten hinaus, und das Publikum kommt in den Genuss reinen Schauspiels: des hoffnungslosen letzten Gesprächs zwischen Robert und Marie. Mit deren Tod endet der 90-minütige Abend, den das Publikum mit Begeisterung aufgenommen hat.