Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hat sich am Weltwirtschaftsforum (WEF) beim französischen Finanzminister Pierre Moscovici über die abrupte Kursänderung des Nachbarlandes bei der Pauschalbesteuerung beschwert.
Frankreich hatte am 26. Dezember mitgeteilt, dass es ab 1. Januar seine in der Schweiz pauschal besteuerten Bürger ebenfalls zur Kasse bittet. Moscovici habe anerkannt, dass ein solches Vorgehen von einem Vertragspartner nicht erwarten werden könne, sagte Widmer-Schlumpf am Samstag an einer Medienkonferenz in Davos.
Die Finanzministerin verwies darauf, dass das zugrunde liegende Doppelbesteuerungsabkommen seit 40 Jahren in Kraft ist. Sie wolle nun so vorgehen wie mit Italien: „alle Baustellen auf den Tisch legen“ und erörtern, wie man in einem strukturierten Dialog zu Lösungen komme. Möglicherweise werde die Änderung der Pauschalbesteuerung nun gestaffelt umgesetzt.
Moscovici hatte Widmer-Schlumpf beim Gespräch am Freitag eingeladen, in Paris das erneuerte Erbschaftsabkommen zu ratifizieren. Widmer-Schlumpf sagte dazu, der Bundesrat werde die Botschaft ans Parlament verfassen. Nach dem Entscheid der eidgenössischen Räte unterliege dieser Staatsvertrag dem fakultativen Referendum.
Moscovici hatte den Vorwurf, einen „Steuerkrieg“ gegen die Schweiz zu führen, zurückgewiesen. Es bestehe eine „enge Kooperation“ und er werde versuchen, die hochgegangenen Emotionen zu glätten. Die Steuerprobleme liessen sich aber nicht in 30 Minuten in Davos lösen.
Kritik an Ultimatum
Widmer-Schlumpf bedauerte, dass ein Treffen am WEF mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble wegen dessen Grippeerkrankung nicht möglich war. Hingegen habe sie mit EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier „klar abstecken“ können, wo die Schweiz bei der Unternehmensbesteuerung zu Diskussionen bereit sei und wo nicht.
Widmer-Schlumpf kritisierte die Drohung von EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta, wonach die Schweiz ein halbes Jahr Zeit habe für Anpassungen bei den Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen. Ansonsten komme die Schweiz auf eine schwarze Liste. Diese öffentliche Kritik widerspiegelten die konstruktiven Gespräche mit der EU nicht, sagte Widmer-Schlumpf.
Zum Abschluss ihres WEF-Besuchs traf Widmer-Schlumpf am Samstag die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. Sie habe angesichts der laufenden Quotenreform zugunsten von Schwellen- und Entwicklungsländern auf den Stimmrechtsanteil der Schweizer IWF-Gruppe gepocht. Denn es müssten auch die Wirtschaftskraft und die freiwilligen Leistungen wie die Kredite der Schweiz berücksichtigt werden.