Nach der Parlamentswahl in Israel hat Staatspräsident Schimon Peres am Samstag den bisherigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erneut mit der Regierungsbildung beauftragt. Dies teilte Peres am Abend bei einer gemeinsamen Medienkonferenz mit Netanjahu mit.
In Gesprächen nach der Parlamentswahl vom 22. Januar hatten sich 82 der insgesamt 120 Knesset-Abgeordneten für Netanjahu ausgesprochen.
Auch wenn die rechten und ultraorthodoxen Parteien, die Netanjahu bislang stützten, bei den Wahlen so viele Stimmen verloren, dass sie künftig nur noch 61 Abgeordnete stellen, werden ihm die grössten Chancen eingeräumt, eine Koalition hinter sich zu bringen und seine dann dritte Amtszeit anzutreten.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei Jair Lapid, der mit seiner neugegründeten Zukunftspartei aus dem Stand 19 Mandate errang und die zweitstärkste Fraktion in der nunmehr 19. Knesset anführt.
Das Bündnis aus Netanjahus rechtskonservativem Likud und der ultranationalistischen Partei Unser Haus Israel mit 31 Sitzen ist zwar stärkste Kraft im Parlament, verlor aber elf Mandate.
Grössere Fraktionen stellen zudem die sozialdemokratische Arbeitspartei mit 15 Mandaten, die nationalistische Partei Jüdisches Heim von Naftali Bennett mit zwölf Abgeordneten und die ultraorthodoxe Schas mit elf Sitzen.
Ex-Moderator als Aussenminister?
Lapid hatte sich vor und nach der Wahl offen für eine Zusammenarbeit mit Netanjahu gezeigt, falls die Belange des Mittelstands stärker berücksichtigt werden und international sowie mit den Palästinensern eine Politik des Dialogs Priorität erhält.
Seitdem spekulieren israelische Medien, der ehemalige TV-Moderator könnte Aussen- oder Finanzminister werden. Nach seinem Rückschlag bei der Wahl hatte Netanjahu bereits einen Schwenk zur Mitte angekündigt. Er versicherte zudem, eine „möglichst breite“ Koalition bilden zu wollen.
Schwierige Regierungsbildung
Wie eine derartige Koalition aussehen könnte, dürfte Netanjahu noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Lapids Partei fordert die Einbeziehung der jungen ultraorthodoxen Juden beim Militär- oder Zivildienst – was die ultraorthodoxen Parteien ablehnen.
In der Frage des Nahostkonflikts muss Netanjahu sowohl Lapid, der während des Wahlkampfs für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche eintrat, wie Bennett, der einen palästinensischen Staat strikt ablehnt, Entgegenkommen signalisieren.
Netanjahu hat 28 Tage Zeit, um eine Koalitionsregierung zu bilden – mit einer möglichen Verlängerung um zwei Wochen.