Pferdefleischskandal eskaliert in Klagen und Beschuldigungen

Der europaweite Lebensmittelskandal um als Rindfleisch deklariertes Pferdefleisch in Tiefkühlkost ist am Wochenende in Klagen, Verdächtigungen und gegenseitigen Schuldzuweisungen eskaliert.

Die Skandal mit falsch deklarierten Lebensmitteln weitet sich aus (Bild: sda)

Der europaweite Lebensmittelskandal um als Rindfleisch deklariertes Pferdefleisch in Tiefkühlkost ist am Wochenende in Klagen, Verdächtigungen und gegenseitigen Schuldzuweisungen eskaliert.

Während der Lebensmittelkonzern Findus eine Betrugsklage gegen Unbekannt ankündigte, schob der französische Fleischverarbeiter die Schuld seinen rumänischen Lieferanten zu. Die Klage werde am Montag eingereicht, erklärte der Chef von Findus France, Matthieu Lambeaux, am Samstag. „Wir sind getäuscht worden.“

Der britischen Behörde für Lebensmittelsicherheit FSA zufolge wiesen Lasagne-Packungen des Tiefkühlkost-Konzerns Findus einen Pferdefleisch-Anteil von bis zu hundert Prozent auf, obwohl auf dem Etikett Rindfleisch angegeben war. Das gleiche galt für zwei von der Aldi-Kette in Grossbritannien vertriebene Fertiggerichte.

Alle beanstandeten Gerichte waren vom französischen Tiefkühllieferanten Comigel hergestellt worden, der das verwendete Fleisch vom Unternehmen Spanghero mit Sitz in Südwestfrankreich erhielt. Spanghero seinerseits erklärte, das Pferdefleisch sei ihm aus Rumänien untergeschoben worden und kündigte eine Klage gegen den rumänischen Lieferanten an.

„Wir haben Rindfleisch mit der Herkunftsbezeichnung Europa gekauft und wieder verkauft,“ sagte Spanghero-Chef Barthélémy Aguerre. Frankreichs Konsumentenminister Benoît Hamon erläuterte, das rumänische Fleisch sei über Zwischenhändler in Zypern und den Niederlanden nach Frankreich gelangt.

Ermittlungen gegen Schlachtbetriebe

Rumäniens Landwirtschaftminister Daniel Constantin leitete am Wochenende Vorermittlungen gegen zwei Schlachtbetriebe ein, die von den französischen Behörden benannt worden seien. Sollte sich ein Betrugsverdacht erhärten, würden die Schuldigen bestraft. Derzeit sei aber noch nichts erwiesen, betonte Constantin.

Der Präsident des rumänischen Verbands der Lebensmittelindustrie (FSIA), Dragos Frumosu, äusserte am Sonntag starke Zweifel an den Beschuldigungen aus Frankreich. Da es sich um eine bedeutende Liefermenge handelte, müsse der französische Importeur „entweder mit dem rumänischen Produzenten unter einer Decke stecken oder er hat das Fleisch selbst umetikettiert“.

Auch Sorin Minea, Vorsitzender des Verband der rumänischen Lebensmittelhändler (Romalimenta), bekundete sein Unverständnis. „Ich bin mir sicher, dass der Importeur wusste, dass es sich nicht um Rindfleisch handelt“, sagte Minea. „Pferdefleisch hat einen besonderen Geschmack, eine besondere Farbe und eine besondere Beschaffenheit.“

Schweiz nicht betroffen

Nach dem Fund in tiefgefrorener Lasagne in Grossbritannien hatte Findus auch in Frankreich und Schweden Fertiggerichte aus dem Handel genommen. Die britische Lebensmittelaufsicht ordnete Tests aller Fertigmahlzeiten an, die laut Verpackung Rindfleisch enthalten. Der Konsum von Pferdefleisch ist auf den britischen Inseln ein Tabu.

In der Schweiz werden die betroffenen Produkte nicht angeboten. Trotz des gleichen Namens bestehe zwischen Findus Grossbritannien und Findus Schweiz keinerlei Verbindung, schreibt Findus Schweiz auf seiner Internet-Seite.

Findus Schweiz, das zur Nestlé-Gruppe gehört, verwendet demnach für Lasagne, Cannelloni und Gratins ausschliesslich Schweizer Rindfleisch. Die Produkte würden in der Schweiz hergestellt.

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