Der Pharmaindustrie gehen die neuen Regeln für die Festlegung der Medikamentenpreise zu weit. Die Pharmaunternehmen haben gegen das vom Bundesrat erlassene Preismodell mehrere Anträge eingereicht.
Die Eingaben richten sich dagegen, dass die Preise kassenpflichtiger Medikamente seit dem 1. Mai verstärkt dem schwachen Euro angepasst werden. Demnach gilt der Auslandpreis eines Medikaments neu als alleiniger Richtwert.
Bisher hatte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein Medikament zusätzlich mit bereits zugelassenen Produkten verglichen. Dieser sogenannte therapeutische Quervergleich erfolgt nur noch, wenn das Medikament im Ausland nicht im Handel ist. Der Bundesrat rechnet mit jährlichen Einsparungen von 240 Millionen Franken.
Der Wegfall des therapeutischen Quervergleichs sei „problematisch“, teilte der Verband Interpharma am Freitag mit. Hintergrund der Kritik bildet der Umstand, dass die Pharmaindustrie Preissenkungen nicht mehr anfechten kann, wenn für andere Präparate mit ähnlicher Wirkung wegen früherer Wechselkurse höhere Preise gelten.
Indem die Preisbildung „allein dem Ausland und den spekulativen Bewegungen am Devisenmarkt überlassen“ werde, werde die eigenständige Preisgestaltung unterminiert, heisst es in der Mitteilung weiter.
Der Verband lässt sich auch von der höheren Toleranzmarge nicht milde stimmen. Zugunsten der Pharmaindustrie hatte der Bundesrat die Marge von 3 auf 5 Prozent erhöht. Die Krankenversicherer müssen also auch für Medikamente aufkommen, die in der Schweiz 5 Prozent teurer sind als im Ausland.
Kaufkraft statt Wechselkurs
Der Verband fordert nun vom BAG, die Preise bei „einigen Dutzend Medikamenten“ nicht nach Devisenkursen, sondern nach der Kaufkraft zu berechnen. Der gegenwärtige Wechselkurs sei kein Abbild der wirtschaftlichen Realität. Um welche Medikamente es sich konkret handelt, wollte ein Interpharma-Sprecher auf Anfrage nicht bekannt geben.
Bei einigen der rund 800 Medikamenten bestehen die dem Verband angeschlossenen Pharmaunternehmen zudem weiterhin auf einem therapeutischen Quervergleich. Insgesamt haben die Mitglieder des Branchenverbandes nach Auskunft des Sprechers zu mehr als 50 Produkten Eingaben eingereicht.
Nach dem Ende der Eingabefrist erlässt das BAG nun Preisverfügungen für jedes der Medikamente, welche wiederum bis Mitte Oktober angefochten werden können. Sofern keine Eingaben erfolgen, treten die Umsetzungsverfügungen am 1. November in Kraft.
Die Gesundheitskommission des Nationalrats will den Bundesrat allerdings verpflichten, das Preismodell neu auszuhandeln und zusammen mit den Versicherern und der Pharmabranche eine „einvernehmliche Lösung“ zu finden. Sie stimmte Ende April einer entsprechenden Motion zu.