Der südafrikanische Sprintstar Oscar Pistorius ist in einem Berufungsverfahren wegen Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp verurteilt worden.
Der Angeklagte ist «des Mordes schuldig», da er mit «krimineller Absicht» gehandelt habe, urteilte Richter Eric Leach am Berufungsgericht in Bloemfontein. Dessen Verkündung wurde von mehreren südafrikanischen Fernsehsendern live übertragen.
Leach wies den Fall an die Vorinstanz zurück. Diese muss nun das Strafmass neu festsetzen. Der unterschenkelamputierte Leichtathletik hatte Steenkamp im Februar 2013 in Pretoria durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses erschossen und war dafür in einem ersten Prozess zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
Im Oktober dieses Jahres wurde Pistorius wegen guter Führung in den Hausarrest entlassen. Mitte November trat er einen Sozialdienst an, den er im Zusammenhang mit dem Hausarrest ableisten muss. Wie eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft der AFP sagte, bleibe Pistorius vorerst unter Hausarrest, bis ein neues Strafmass verkündet werde – voraussichtlich Anfang nächsten Jahres. Ihm drohen nun 15 Jahre Haft.
Pistorius beteuerte stets, Steenkamp für einen Einbrecher gehalten und sie in Panik erschossen zu haben. Das Berufungsgericht warf der Vorinstanz einen «grundlegenden Irrtum» bei der Rechtsauslegung vor. Die fünf Berufungsrichter urteilten, dass Fahrlässigkeit nicht in Betracht kommen könne: Denn der Angeklagte habe vier grosskalibrige Kugeln durch die Toilettentür geschossen und somit das Risiko erkennen müssen, dass er jemanden dahinter töte, ungeachtet der Identität seines Opfers.
«Ich habe keinen Zweifel (…), dass der Angeklagte, als er die tödlichen Schüsse abgab, notwendigerweise vorhersehen musste und vorhergesehen hat, dass die Person hinter der Tür, wer auch immer sie war, zu sterben drohte», führte Leach aus. «Die Identität des Opfers ist nicht ausschlaggebend für die Beurteilung der Schuld.» Auch ein Bombenattentäter sei ohne Zweifel des Mordes schuldig, auch wenn er seine Opfer nicht kenne.
Pistorius nahm an der Urteilsverkündung des Berufungsgerichts nicht teil, was dem üblichen Prozedere in Südafrika entspricht. Steenkamps Vater Barry begrüsste das Berufungsurteil. «Ich bin mit allem zufrieden», sagte er dem Fernsehsender ANN7. Die Mutter June Steenkamp nahm das Urteil im Gericht ohne äussere Regung auf.