Die traditionalistischen Piusbrüder gehen auf Konfrontationskurs zum obersten katholischen Glaubenshüter: Sie erklärten, mehrere theologische Texte des neuen Präfekten der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, seien „mehr als fragwürdig“.
Müllers Texte wären früher ohne Zweifel „Gegenstand einer Intervention vonseiten des Heiligen Offiziums gewesen, aus dem die Glaubenskongregation hervorgegangen ist, welcher er heute vorsteht“, sagte der Generalobere der Piusbrüder, Bernard Fellay.
Der erzkonservative Schweizer Bischof äusserte sich in einem Interview, das die Traditionalisten am Montag im Internet veröffentlichten. Aufgabe der Glaubenskongregation sei es, Irrlehren zu bekämpfen, betonte Fellay weiter.
Zugleich kündigte er an, dem Vatikan „in sehr kurzer“ Zeit die Position der Piusbruderschaft zu einer möglichen Aussöhnung zukommen zu lassen, auf die sich das Generalkapitel der Traditionalisten in der vergangenen Woche verständigt hatte.
„Wir bestehen auf der Bewahrung unserer Identität, was das einzige wirksame Mittel darstellt, um der Kirche zu helfen, die Christenheit zu erneuern“, stellte der Generalobere klar. Einzelheiten nannte Fellay nicht.
Vor der Versöhnung?
Die Piusbruderschaft wurde 1970 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet. Sie lehnt mehrere Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) sowie die anschliessende Liturgiereform von 1969/70 ab.
Lefebvre weihte 1988 vier Männer – darunter den Holocaust-Leugner Richard Williamson – ohne Erlaubnis des Papstes zu Bischöfen. Ein derartiger Akt zieht nach Kirchenrecht die automatische Exkommunikation nach sich. Papst Benedikt XVI. hob 2009 im Bemühen um Versöhnung die Exkommunikation der vier Bischöfe wieder auf.
Seither fanden in Rom mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern der Bruderschaft zur Klärung strittiger Lehrfragen statt. Zuletzt hatte es geheissen, dass die vom Vatikan angestrebte Rückkehr der Piusbruderschaft in die römisch-katholische Kirche vorankomme.