Podestplatz trotz schlechter oder mittelmässiger Schulnoten

Auch mittelmässige und gar schlechte Schüler können es im Beruf weit bringen – dank dem dualen Bildungssystem. Dies zeigt eine neue Studie der Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm. Sie fordert ein Umdenken der Lehrbetriebe.

Eine neue Studie zeigt: Auch junge Berufsleute mit durchschnittlichen oder schlechten schulischen Leistungen können später in ihrem Beruf glänzen und sogar an internationalen Berufsmeisterschaften Medaillen gewinnen - wie der Appenzeller Maurer Sandro Doerig 2015 an der Berufs-WM in Brasilien. (Bild: sda)

Auch mittelmässige und gar schlechte Schüler können es im Beruf weit bringen – dank dem dualen Bildungssystem. Dies zeigt eine neue Studie der Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm. Sie fordert ein Umdenken der Lehrbetriebe.

Für ihre Studie hat die emeritierte Professorin die 200 besten Lehrabgänger der Schweiz unter die Lupe genommen, die bei der nationalen Berufsmeisterschaft 2014 oder internationalen Wettbewerben eine Medaille ergattert haben.

Ihr Fazit: 60 Prozent der «Top 200» verfügen über einen mittleren oder tiefen Schulabschluss – 40 Prozent besuchten die Sekundarschule, 20 Prozent die Realschule. Ein Drittel der Befragten bezeichnet die eigenen schulischen Leistungen als «mittelmässig» oder gar «schlecht». Die besten Lehrabgänger der Schweiz stammen zudem mehrheitlich aus «sozial einfach gestellten Familien».

Für viele von ihnen sei die Berufslehre zur zweiten Chance geworden, die zu einer «Leistungsexplosion» geführt habe, schreibt Stamm in ihrer am Mittwoch veröffentlichten Studie. Diese Ergebnisse stellten die Klage vieler Betriebe, sie würden keine «guten Lehrlinge» finden, in ein anderes Licht.

Die Berufsbildung müsse ihre Rekrutierungspraktiken überdenken, fordert Stamm. Nur so könne sie tatsächliches Potenzial entdecken und Talente fördern. Heute stünden bei der Rekrutierung vor allem die Höhe des Schulabschlusses und die Schulnoten im Fokus.

Ebenso wichtig seien aber Fähigkeiten, die jenseits schulischen Wissens vorhanden sind. Zu diesen «Soft Skills» gehörten etwa Gewissenhaftigkeit, Fleiss, Einsatzbereitschaft, Selbstständigkeit, Durchhaltevermögen, praxisorientiertes Arbeiten, Neues zu wagen und zu erproben und vieles mehr.

«SwissSkills» 2018 in Bern

Die Studie zeige «einmal mehr die Einzigartigkeit unseres dualen Berufsbildungssystems», sagte Bildungsminister Johann Schneider-Ammann gemäss Redetext am Mittwoch an einer Medienkonferenz in Bern. In der Schweiz hätten Jugendliche aus allen Gesellschaftsschichten und unabhängig ihrer schulischen Fähigkeiten tolle berufliche Perspektiven.

Um die Berufslehre in der Schweiz noch stärker zu fördern, wurde am Mittwoch in Bern die Initiative «SwissSkills» lanciert. Hinter dem Projekt stehen das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), der Arbeitgeberverband (SAV), der Gewerbeverband (sgv) sowie aus der Privatwirtschaft die UBS und Ringier als Medienpartner.

Die Initiative will unter anderem im kommenden Jahr die «SwissSkills 2018» organisieren. Damit werden nach 2014 zum zweiten Mal zentrale Berufsmeisterschaften durchgeführt. Rund 800 junge Teilnehmer aus 60 Berufen werden gemäss Ankündigung um einen Titel kämpfen. 150’000 Besucher, darunter viele Schulklassen aus der ganzen Schweiz, werden in Bern erwartet.

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