Poesie im Basler Rathaus

Schriftsteller Rolf Lappert hielt die Laudatio, Regierungspräsident Guy Morin überreichte den Preis: Im vollbesetzten Grossraatssaal wurde Matthyas Jenny feierlich mit dem Basler Kulturpreis 2011 ausgezeichnet.

Guy Morin und Matthyas Jenny stehen im Blitzlichtgewitter, Laudator Rolf Lappert gratuliert dahinter mit Standing Ovations. (Bild: Marc Krebs)

Schriftsteller Rolf Lappert hielt die Laudatio, Regierungspräsident Guy Morin überreichte den Preis: Im vollbesetzten Grossraatssaal wurde Matthyas Jenny feierlich mit dem Basler Kulturpreis 2011 ausgezeichnet.

Er hat sich in den vergangenen 40 Jahren mit Herz und Seele dafür eingesetzt, Poesie unter die Leute zu bringen: Matthyas Jenny. Der engagierte Basler Verleger, Veranstalter und Verkäufer des geschriebenen und gesprochenen Wortes, stellte sich auch an jenem Abend in den Dienst der Sache, an dem er für einmal selber für seine Leistung gewürdigt werden sollte.

Jenny nutzte die Gelegenheit, die ihm die offizielle Ehrung im Basler Rathaus bot, um Werbung für das Wort zu machen – und überraschte die Besucherinnen und Besucher, indem er ihnen ein Flugblatt in die Hand drücken liess. «Abend der Poesie», stand darauf geschrieben. Als Einstimmung las man ein Gedicht, etwa des Basler Lyrikers Peter Gisi. Jenny brachte damit Wörter in Umlauf und Gedanken in Bewegung, ehe der offizielle Akt begonnen hatte.

«Kulturaktivist»

Eine Aktion, mit der der 66-Jährige einmal mehr deutlich machte, weshalb er den Basler Kulturpreis verdient hat: für seinen selbstlosen Einsatz im Dienste der Literatur, für sein Engagement als Vermittler. Regierungspräsident Guy Morin nannte ihn in seiner Eröffnungsrede denn auch einen «Kulturaktivisten», sprach von einem Mann, der durch und durch Buchmensch sei, Initiator und Macher, der die hiesige Literaturszene in den letzten Jahrzehnten geprägt habe.

Wie leidenschaftlich Jenny Poesie und Belletristik vermittelt und verlegt hat, führte daraufhin Rolf Lappert in einer persönlich gefärbten Laudatio vor Augen. Der Schriftsteller erinnerte sich daran, wie er als junger Mensch erstmals von einem Schweizer Verlag namens Nachtmaschine erfuhr. «Nachtmaschine, das klang abenteuerlicher als Limmat oder Benziger», erzählte Lappert und führte aus, dass es in seiner Heimatstadt Zofingen allein schon abenteuerlich war, überhaupt an eine Publikation des kleinen, aber feinen Verlags heranzukommen.

«Buchverrückter»

Anfang der 80er-Jahre besuchte Lappert Jenny in dessen Wohnung an der Basler Oetlingerstrasse. «Das erste, was auffiel, war das wunderbare Chaos!» Für Lappert war klar: «Hier war ein Buchverrückter am Werk!» Verrückt genug auch, Lapperts erstes «Romänchen» herauszubringen («Folgende Tage»), gefolgt von einem Gedichtband («Die Erotik der Hotelzimmer»). Lappert wollte Spuren in Form von Büchern hinterlassen, war damals erst 24-jährig und dem Basler Verleger dankbar, «der mir das Gefühl gab, ein Autor zu sein.» Und das tat Jenny aus Überzeugung, wie Lappert betonte und dabei beeindruckt schilderte, wie Jenny nachts, wenn die Kinder schliefen, Zeitungen auslieferte, um finanziell über die Runden zu kommen. 

«Poesiemanager»

Schrullig, besessen, uneitel und stur sei er, dieser Matthyas Jenny, zählte Lappert auf. Er dankte seinem einstigen Verleger für das Vertrauen und für die Möglichkeit, erste Bücher zu veröffentlichen – «ansonsten wäre ich vielleicht Maler geworden», so Lappert. Dass Jenny einen guten Riecher hatte, bestätigt Lapperts Aufstieg: 2008 wurde er für «Nach Hause schwimmen» mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet.

Nach Übergabe des Preises durch Guy Morin feierte die Besucherschar Jenny mit grossem Applaus. Unter den Gästen fanden sich zahlreiche  Schriftsteller (etwa Hansjörg Schneider oder Jennys Tochter Zoë), Musiker (etwa Roli Frei und Fritz Hauser – letzterer sorgte auch für perkussiv-poetische Zwischentöne), Performancekünstler wie Alex Silber und Poeten wie Urs Allemann oder Gabriel Vetter (der allen Anwesenden bei seinem Gastauftritt ein «Bücherregal» um die Ohren slammte).

Jenny war sichtlich gerührt, aber auch verlegen. Man spürte, dass er sich als Macher hinter den Kulissen wohler fühlt als im grellen Scheinwerferlicht. Vielleicht typisch daher, dass er sich selbst zu Dank verpflichtet fühlte, für die Auszeichnung, für die Unterstützung, für die Möglichkeit, seinen Traum zu leben: «Was gibt es Schöneres, als Poesiemanager zu sein?», fragte er in seiner Rede.

Und äusserte bei dieser Gelegenheit seinen grossen Wunsch, dass die Poesie auf die Strasse hinaus- und an die Passanten herangetragen werde – so wie das einst mit dem Tag der Poesie gelungen war. Wie man das macht, Öffentlichkeit schaffen, das zeigte er mit der Flyer-Aktion ein womöglich letztes Mal auf. Das Verteilen von Flugblättern, ja, die Vermittlung von Literatur, das sollen in Basel künftig andere in die Hand nehmen. Matthyas Jenny hat seinen Beitrag geleistet.

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