Hawaii ist der 50 Bundesstaat der USA. Politik ist auf den Tropeninseln so einfach wie überall: Reiche wählen konservativ, ein paar andere demokratisch, und der Rest hat dunkle Ahnungen von den Verschwörungen, die von Washington ausgehen.
Die Hawaiianer haben andere Probleme als amerikanische Politik. (Bild: Rahel Leupin)
Wenn ich schon mal hier in San Francisco bin, dachte ich, hüpf ich mal kurz nach Hawaii.
Klar, die happy Feriendestination mit dem Aloha Spirit! Kurz ist schon mal eine Untertreibung: Es sind fünfeinhalb Flugstunden über den Pazifik von San Francisco nach Lihue, der Hauptort von Kauai, die nördlichste der acht hawaiianischen Inseln. So gesehen verschiebt sich die Geographie Amerikas, und die Westküste wird zum eigentlichen «Mittleren Westen».
Die Ankunft war eine körperliche Sensation: warm-feuchte tropische Luft, türkisblauer Ozean und florale Duftnoten wohin die Nase riecht! Der Verkehr schlich gemächlich über die Insel, die Buddha Kühlerhaubenfigur des vorbeiziehenden Pickups lachte uns entgegen und das Radio des Mietautos sendete gemütlichen Reggae. Yeah, Sunshine! Wir sahen die dunklen Wolken nicht, die sich hinter uns auftürmten.
1778 «entdeckte» Capt. James Cook Hawaii, und mehr als 100 Jahre später annektierten US Marines die Inselgruppe. 1959 wurde Hawaii zum 50. Bundestaat der Vereinigten Staaten erklärt. Die hawaiianischen Ureinwohner brachten den Amerikanern das Surfen und den Hula-Tanz bei. Aber die wirklichen Gewinner, so lernten es die hawaiianischen Schüler bis vor kurzem im Geschichtsunterricht, waren die Ureinwohner. Sie errangen Demokratie und die Anbindung an Amerika. So weit die offizielle Propaganda.
Politik auf der Insel sei eine simple Angelegenheit, erklärte mir eine zugezogene Festlandamerikanerin in einem Cafe. Die reichen Gutsbesitzer wählen republikanisch, dann gibt es die Demokraten, «and a bunch of them who just don’t care» – einen Haufen, denen Politik schlicht egal ist.
Ihre Augen beginnen wild zu leuchten, sie rückt ein Stück näher und stellt das Weinglas bedeutungsvoll auf den Glastisch. Es spiele sowieso keine Rolle, welche Partei regiere – alles nur Schein. Ob ich schon vom Staat hinter dem Staat gehört habe? Die reiche nationale Elite (es fiel der Name Rockefeller) führe eine versteckte Agenda. Sie wolle die amerikanische Bevölkerung reduzieren. Beweise dafür seien die sogenannten «Chemtrails» – also langlebige, breite Kondensstreifen, die neben kondensierten Flugzeugabgasen weitere lebensschädigende Chemikalien enthalten. Und ob ich das Forschungsinstitut in Alaska, das HAARP (High Frequency Active Auroral Research Programm), kenne? Die hätten da Methoden entwickelt, um ganze Erdbeben per Knopfdruck auszulösen.
Just an diesem Abend hatte der National Weather Service vor Sturzfluten gewarnt. Überflutete Strassen mussten für den Verkehr gesperrt werden. Die Zugezogene kam nicht mehr nach Hause. Die Strasse zu ihrem Haus war wegen Baumschlags gesperrt.
Unerschüttert nippte sie an ihrem Wein – und setzte an zu weiteren Räubergeschichten. Es regnete unaufhörlich. Und das Paradies verwandelte sich vor unseren Augen langsam aber sicher in eine riesige Schlammschlacht.