Angesichts der Drohanrufe bei der „Bild“-Zeitung und beim Springer-Konzern gerät der deutsche Bundespräsident Christian Wulff ernsthaft in Erklärungsnot. Führende Politiker von Union und FDP forderten am Dienstag eine Stellungnahme von Wulff.
Vertreter von SPD, der Linke und den Grünen stellten dessen Eignung für das Amt offen in Frage. Wulffs Versuch der Einflussnahme war offenbar kein Einzelfall. Auch die „Welt am Sonntag“ beklagte sich über eine Einmischung des Präsidenten in ihre Berichterstattung.
Wulff steht seit Wochen wegen eines umstrittenen Privatkredits in der Kritik. Die „Bild“-Zeitung hatte im Dezember als erstes Medium darüber berichtet. Nach Angaben des Blattes versuchte der Präsident persönlich, die Veröffentlichung zu verhindern.
Dazu rief er „Bild“-Chefredaktor Kai Diekmann an und hinterliess eine wütende Botschaft auf dessen Mailbox. Darin drohte Wulff unter anderem mit strafrechtlichen Konsequenzen für den verantwortlichen Redaktor. Auch mit einem Anruf bei Verlagschef Mathias Döpfner versuchte der Bundespräsident nach Angaben des Konzerns zu intervenieren. Wulff schweigt bislang zu dem Vorfall.
In Medienberichten hiess es, Wulff habe sich sogar bei der Verlegerin Friede Springer um einen Stopp der Berichterstattung bemüht. Ein Konzernsprecher bestätigte das allerdings nicht.
Journalist ins Schloss Bellevue zitiert
Einige Monate zuvor, im Sommer 2011, hatte Wulff offenbar auch bei der „Welt am Sonntag“ versucht, einen unliebsamen Artikel abzuwehren. Der Chefredaktor der „Welt“-Gruppe, Jan-Eric Peters, sagte „Spiegel Online“, Wulff habe damals den zuständigen Journalisten ins Schloss Bellevue zitiert und in einem Vier-Augen-Gespräch mit Konsequenzen gedroht, sollte der Bericht tatsächlich erscheinen.
Auch „an höchste Verlagsstellen“ habe sich der Präsident gewandt. Der Bericht, in dem es um Wulffs Familiengeschichte und eine Halbschwester ging, erschien damals trotzdem.