Im solothurnischen Dornach haben am Freitag rund 600 Personen Abschied genommen von alt Bundesrat Otto Stich, der in der Nacht auf Donnerstag vor einer Woche verstorben war. Stich wurde als „im guten Sinne wertkonservativer Mensch“ gewürdigt.
Der Trauerfeier wohnten zahlreiche SP-Parteikollegen bei. So wurde die Landesregierung von Simonetta Sommaruga und Alain Berset vertreten. Auch SP-Präsident Christian Levrat und Helmut Hubacher, einer von Levrats Vorgängern, waren anwesend.
Auch die alt Bundesräte Christoph Blocher, Kaspar Villiger sowie Ruth Dreifuss kamen in die katholische Kirche St. Mauritius in Stichs Wohnort Dornach. Weiter erwiesen die Regierungen beiden Basel und Solothurn Stich die letzte Ehre.
Zudem war die Mehrheit der Nationalräte des Kantons Solothurn anwesend. Die Würdigung des Politikers Otto Stich übernahm der Solothurner SP-Ständerat Roberto Zanetti.
Stichs „Gesellenstück“ in Dornach
Er zitierte aus der Autobiografie des alt Bundesrats, wie Stich 1957 als frisch gewählter Gemeindeammann von Dornach SO bei den damals übermächtigen Metallwerken vorsprach, weil ihm eine Steuererhöhung als unumgänglich erschien.
Ein leitender Angestellter habe ihn an der Eingangspforte mit den Worten „Wir brauche keine Hilfsarbeiter“ empfangen. „Ich blieb einfach ruhig“, habe Otto Stich dazu lapidar festgehalten.
Die Steuererhöhung brachte er ein Jahr später mit der ausdrücklichen Zustimmung der Metallwerke durch. Otto Stich habe es seiner Partei nicht immer einfach gemacht. Aber seine Partei ihm auch nicht, hielt Zanetti fest.
„Im guten Sinne wertkonservativer Mensch“
Der Pfarrer hatte den in einfachsten Verhältnissen im solothurnischen Schwarzbubenland aufgewachsenen Stich zuvor als „im guten Sinne wertkonservativen Menschen“ beschrieben.
In Dornach habe man Stich auch in seiner Zeit als Bundesrat vor allem am Samstag beim Wochenendeinkauf antreffen können. Am Sonntag habe er oft das Familienessen zubereitet.
Im Ruhestand habe er noch waschen und bügeln gelernt, um seine Frau zu entlasten. Er wissen nicht, ob Frau Uchtenhagen dies je erfahren habe, jedoch sei Stichs Beiname „Ladykiller“ spätestens ab dann nicht mehr gerechtfertigt gewesen.
Weitere Trauerreden hielten Urs Niggli, Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL), und Hans Zeltner, Zunftmeister der Magdalenen-Zunft Dornach. Nach der rund anderthalb Stunden dauernden Trauerfeier wurde Stich in einem schlichten Holzsarg beigesetzt.
Lange Politkarriere
Der Sozialdemokrat war in der Nacht auf Donnerstag vor einer Woche im Alter von 85 Jahren gestorben. Der Handelslehrer und promovierte Staatswissenschaftler amtierte von 1983 bis 1995 als Finanzminister.
Er war vom Parlament der offiziellen SP-Kandidatin Lilian Uchtenhagen vorgezogen worden. In den Jahren 1988 und 1994 war er Bundespräsident, bevor er 1995 zurücktrat. Er war für seine Volksnähe, Sparsamkeit und Tabakpfeife bekannt.