Im Fall Peter Hans Kneubühl sind am Mittwoch verschiedene Polizisten im Zeugenstand gestanden. Darunter war auch der Mann, der in den entscheidenden Stunden ein Team von Polizisten direkt am Haus des Rentners leitete. Er war der Ansicht, man hätte Kneubühl mit einem nicht tödlichen Schuss ausser Gefecht setzen sollen.
So hätte man verhindern können, dass der gewalttätige Rentner bei der Zwangsräumung seines Hauses auf die Polizisten schiessen und anschliessend flüchten konnte, erklärte der junge Mann am Mittwoch vor dem Regionalgericht in Biel.
Sie hätten aber den Auftrag gehabt, nur in Notwehr oder bei Notwehrhilfe zu schiessen, führte der Polizist aus. Bei seiner ersten Befragung nach den Vorfällen hatte er dem Staatsanwalt zu Protokoll gegeben: „Die Führung wollte um alles in der Welt vermeiden, dass Kneubühl durch eine Polizeikugel starb“.
Ja, damals habe er den Eindruck gehabt, der Polizei seien die Hände gebunden, räumte der Polizist ein. Man habe Kneubühl wohl nicht von Anfang an richtig eingeschätzt. Allerdings sei dies auch sehr schwierig gewesen, räumte er ein. Für ihn sei wichtig, dass man aus dem Geschehenen Lehren gezogen habe, schloss der Polizist.
Briefe, Roboter und ein Feldtelefon
Er war am 8. September 2010 zusammen mit Kollegen der Sondereinheit Enzian der Berner Kantonspolizei zur Liegenschaft von Kneubühl in Biel ausgerückt. Der Befehl war, den Rentner, der sich einer Zwangsräumung seines Hauses widersetzte, anzuhalten.
Was dann geschah, schilderten die Polizisten im Zeugenstand alle ähnlich. Aus ihren Aussagen lässt sich schliessen, dass stundenlang vieles versucht wurde, um den Rentner zu einer Aufgabe zu bewegen. Verhandlungsteams waren vor Ort, ein Roboter deponierte Briefe in der Wohnung, auch ein Feldtelefon warf man ins Haus, in der Hoffnung Kneubühl würde reagieren – vergebens.
Kneubühl nutzt seine Chance
Er habe seine Männer, die mittlerweile stundenlang in schwerer Montur im und ums Haus postiert waren, im Viertelstundentakt ablösen lassen, schilderte der Polizist, der sein Team vor dem Haus leitete. Bei der Garage hätten die Männer kurz verschnaufen und auch den Helm kurz ablegen können.
Auch er sei gerade am Ausruhen gewesen, als ein Sicherungsschütze meldete, dass es Bewegung an einem Fenster gebe. Er sei sofort los, sagte der Polizist. Dann habe er tatsächlich einen Schatten gesehen und ein Gewehr. Er habe seinen Kollegen mit dem Arm zurückgehalten, damit er nicht in den Gefahrenbereich geriet, schilderte der junge Mann das Geschehen.
Dann habe es geknallt, der Schuss sei über seinen Kopf hinweg und habe seinen Kollegen getroffen, der schwer verletzt wurde. Ein Sicherungsschütze, der Blick auf das Geschehen hatte, sei kurz vom Mündungsfeuer Kneubühls geblendet gewesen. Diesen Moment nutzte der Rentner, um sich in der Dunkelheit aus dem Staub zu machen.
„Es war eine sehr gefährliche Situation“, schilderte der Polizist. Es sei dunkel gewesen und auf dem Gelände gab es Dickicht. Man habe sofort nach Kneubühl gesucht, allerdings vergeblich.
Neun Tage auf der Flucht
Das sollte auch noch tagelang so bleiben. Erst neun Tage nach den Ereignissen an jenem 8. September 2010 konnte der Rentner oberhalb von Biel angehalten werden.
Peter Hans Kneubühl steht seit Montag vor dem Regionalgericht in Biel. Dieses muss entscheiden, ob es dem Rentner überhaupt den Prozess machen kann, denn ein psychiatrisches Gutachten sagt, der Mann leide an einer wahnhaften Störung und sei deshalb nicht schuldfähig.
Auslöser für die anberaumte Zwangsräumung des Elternhauses war ein langer Erbschaftsstreit zwischen Peter Hans Kneubühl und seiner Schwester. Kneubühl selber sieht sich seit Jahren als Opfer seiner Schwester, die Polizei und Staat auf ihn hetzt, um ihn zu vernichten.