Polizei in Istanbul geht mit Härte gegen die Demonstranten vor

In Istanbul und Ankara ist die Polizei gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen, die den Rücktritt von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderten. In Istanbul setzte die Polizei Wasserwerfer, Gummigeschosse und Tränengas gegen die Regierungsgegner ein.

Polizei geht mit aller Härte gegen Demonstranten in Istanbul vor (Bild: sda)

In Istanbul und Ankara ist die Polizei gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen, die den Rücktritt von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderten. In Istanbul setzte die Polizei Wasserwerfer, Gummigeschosse und Tränengas gegen die Regierungsgegner ein.

Die nach Schätzungen von Augenzeugen mindestens 1000 Demonstranten hatten sich auf dem zentralen Taksim-Platz in Istanbul versammelt und skandierten «Regierung tritt zurück» und «Korruption ist überall». Vereinzelte Protestierer bewarfen die Wasserwerfer mit Steinen.

Auf der zum Taksim-Platz führenden Einkaufsmeile Istiklal Caddesi ging die Polizei gegen Gruppen von Demonstranten vor und verfolgte sie in Seitengassen. Auch in der Hauptstadt Ankara kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Regierungsgegnern.

Vom Gezi-Park am Taksim-Platz waren im Sommer die landesweiten Proteste gegen die islamisch-konservative Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ausgegangen.

Juristische Niederlage der Regierung

Das oberste Verwaltungsgericht kippte am Freitag einen Erlass der Regierung, mit dem Ermittler dazu gezwungen werden sollten, Vorgesetzte über ihre Untersuchungen zu informieren.

Das Gericht in Ankara erklärte, mit Erdogans Verordnung wäre der Grundsatz der Gewaltenteilung verletzt worden. Der Ministerpräsident hatte in einer nächtlichen Ankündigung verfügt, dass Ermittler künftig Vorgesetzte über ihre Erkenntnisse informieren müssen.

Die Regierung war von den Korruptionsermittlungen überrascht worden. Mit dem Erlass hatte Erdogan verhindern wollen, dass er noch einmal lange Zeit über umfassende Untersuchungen im Dunkeln gelassen werden kann.

Der für die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara zuständige EU-Kommissar Stefan Füle begrüsste den Entscheid des Gerichts. Die von der Regierung beschlossenen Vorschriften für die Polizeiarbeit hätten «die Unabhängigkeit der Justiz und deren Handlungsfähigkeit untergraben», hiess es in einer Erklärung Füles.

Staatsanwalt beklagt Druckversuch der Regierung

Für Schlagzeilen sorgte in der Türkei am Freitag die Ablösung des Istanbuler Staatsanwalts Muammer Akkas von seinen Korruptionsermittlungen. Er war am Donnerstag von dem Fall abgezogen worden, bei dem regierungskritischen Medienberichten zufolge auch im Umfeld von Ministerpräsident Erdogan ermittelt wurde.

Akkas hatte öffentlich beklagt, auf ihn sei Druck ausgeübt worden. Die Polizei habe seine Anordnung ignoriert, Verdächtige festzunehmen. Die Regierung hat zahlreiche ranghohe Polizisten austauschen lassen, darunter den Polizeichef Istanbuls.

Erdogan wechselte Minister aus

Der Korruptionsskandal erschüttert die Türkei seit zehn Tagen und hat zum Rücktritt von drei Ministern geführt. Einer von ihnen hatte auch den Regierungschef zum Amtsverzicht aufgefordert. Erdogan hatte am Mittwoch zehn seiner 26 Kabinettsposten neu besetzt.

Bei den Ermittlungen geht es unter anderem darum, ob gegen Schmiergeld illegale Baugenehmigungen erteilt und Handelssanktionen gegen den Iran unterlaufen wurden. Erdogan hat die Ermittlungen als «dreckige Operation» gegen seine Regierung mit Hintermännern im In- und Ausland bezeichnet.

Abgeordnete kehrten der Regierungspartei AKP unterdessen den Rücken. Drei Parlamentarier erklärten am Freitag ihren Austritt aus der AKP, wie türkische Medien berichteten. Zuvor hatte bereits Ex-Innenminister Naim Sahin seinen Austritt aus der AKP erklärt. Die absolute Mehrheit der AKP im Parlament gefährden die Austritte allerdings nicht.

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