In Istanbul ist die Polizei am Sonntag mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstranten vorgegangen. Bei Kundgebungen zum Tag der Arbeit kam es zu Rangeleien, mehrere Menschen wurden festgenommen.
Rund 150 Menschen versuchten, auf den abgesperrten Taksim-Platz zu gelangen. Der Platz im Herzen Istanbuls ist seit den Protesten im Jahr 2013 zum Symbol des Widerstandes gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan geworden, dem Kritiker einen zunehmend autoritären Führungsstil vorwerfen.
Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, rund 24’500 Polizisten und 120 Wasserwerfer seien in Istanbul im Einsatz gewesen. Mindestens 40 Menschen seien festgenommen worden.
Der Fernsehsender CNN Türk berichtete, ein Mann sei beim Überqueren einer Strasse von einem Wasserwerfer überrollt und getötet worden. Im Rahmen der strengen Sicherheitsvorkehrungen kreisten auch Polizeihelikopter über der Stadt.
Zentrale Kundgebung auf ausgewiesenem Areal
Die Behörden hatten sich mit einigen Gewerkschaften darauf verständigt, die zentrale Kundgebung zum 1. Mai auf einem ausgewiesenen Areal im Bezirk Bakirkoy in der Nähe des Flughafens abzuhalten. Dort versammelten sich Tausende Menschen, von denen viele das Demonstrationsverbot auf dem Taksim-Platz verurteilten.
«Niemand hier trägt Waffen oder Bomben», sagte ein Gewerkschaftsmitglied. Die Menschen wollten lediglich ihre Meinung auf die Strasse tragen, doch der Staat hindere sie daran.
Einige Demonstranten, die auf den Taksim-Platz zu gelangen versuchten, wurden festgenommen. Der sonst belebte Platz mit vielen Hotels und Cafes war vollständig abgeriegelt, zahlreiche Bereitschafts- und Zivilpolizisten waren dort stationiert.
Der Taksim hatte schon vor den wochenlangen Protesten gegen die Regierung vor drei Jahren Symbolcharakter: Hier wurden jahrelang Kundgebungen zum Mai-Feiertag abgehalten, bis 1977 bei Demonstrationen Dutzende Menschen getötet wurden – die Türken sprechen von dem «Blutigen 1. Mai». Vor 2013 fanden dann einige Jahre lang wieder Mai-Kundgebungen auf dem Platz statt.