Die tschechische Polizei hat mehrere Vertraute und Parteifreunde von Ministerpräsident Petr Necas festgenommen. Bei einer massiven Razzia wegen Korruptionsverdachts durchsuchten Beamte am Donnerstag Büros in der Regierungszentrale und im Verteidigungsministerium.
Zu den Festgenommenen zählten nach Berichten tschechischer Medien Ex-Agrarminister Ivan Fuksa, der frühere Abgeordnete Petr Tluchor sowie die Kabinettschefin von Ministerpräsident Necas, Jana Nagyova.
Necas sagte in einer kurzen Stellungnahme, er sehe keinen Grund zu einem Rücktritt. Trotz ihrer Festnahme geniesse Nagyova sein volles Vertrauen. «Ich fordere die Polizei auf, alle Umstände (des Einsatzes) zu erklären», sagte der liberal-konservative Politiker.
Den Tag über war der Regierungschef für mehrere Stunden aus der Öffentlichkeit verschwunden. Es kamen Gerüchte über seinen Gesundheitszustand auf, denen Necas später selbst widersprach. Hunderte Polizisten sollen an der Razzia teilgenommen haben.
Nächtlicher Besuch
«Unsere Einheit führt einen Eingriff durch», sagte ein Sprecher der Polizei-Sondereinheit zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (UOOZ). Er bestätigte mehrere Festnahmen.
Der Regierungschef habe von zwei Staatsanwälten und dem Leiter der UOOZ Besuch bekommen, sagte Innenminister Jan Kubice vor dem Parlament. Das geschah mitten in der Nacht nach der Kabinettssitzung.
Die beiden festgenommenen Politiker Fuksa und Tluchor hatten im November 2012 ihre Parlamentsmandate niedergelegt und damit ihren Protest gegen ein Steuerpaket der Regierung aufgegeben.
Kurz darauf wechselten sie auf lukrative Aufsichtsposten in Staatsbetrieben. Medien berichteten, dass in Prag auch Häuser von zwei einflussreichen Lobbyisten durchsucht würden.
Krisensitzung einberufen
Präsident Milos Zeman berief für Freitag eine Krisensitzung mit Ministerpräsident Necas, dem Polizeipräsidenten Martin Cervicek sowie Vertretern der Opposition ein. Die Opposition forderte vom Regierungschef eine Erklärung.
«Das ist eine ganz neue Dimension», erklärte der linke Ex-Ministerpräsident Jiri Paroubek und forderte Neuwahlen. «Dies könnte der grösste Skandal der letzten 20 Jahre werden», sagte der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Jeronym Tejc.
Die Behörden hielten sich zu den Hintergründen der Razzia bedeckt. Im Unklaren gelassen wurde auch die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Miroslava Nemcova. «Das ist unfair gegenüber der politischen Szene und der tschechischen Öffentlichkeit», klagte sie.
Der Bürgerdemokrat Necas steht seit Juni 2010 an der Spitze einer Dreiparteienkoalition. Der Physiker überstand bereits mehrere ernste Koalitionskrisen. Mehr als ein Dutzend Minister mussten zwischenzeitlich ihren Hut nehmen. Im Abgeordnetenhaus kann sich die Regierung auf keine sichere Mehrheit stützen.