Zwei Tage nach dem Bombenfund von Chemnitz hat die Polizei am Montag in Leipzig den mutmasslichen Anschlagsplaner gefasst. Der festgenommene Terrorverdächtige Dschaber al-Bakr hatte nach ersten Ermittlungen Kontakte zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Die Polizei fasste den 22-jährigen Syrer in einer Wohnung, wo drei Landsleute ihn bereits gefesselt hatten. Er hatte am Leipziger Hauptbahnhof einen Landsmann angesprochen und gefragt, ob er bei ihm schlafen könne. Der Syrer nahm ihn mit, überwältigte ihn mit zwei Helfern und informierte die Polizei.
Sachsens Innenminister Markus Ulbig sagte, dass der als Flüchtling registrierte Festgenommene am Montagnachmittag einem Haftrichter in Dresden vorgeführt worden sei. Er sprach von einem «grossartigen Erfolg». Auch Kanzlerin Angela Merkel wertete die Verhaftung von Al-Bakr als Erfolg der Sicherheitsbehörden.
Über das Wochenende waren die Sicherheitsvorkehrungen an Bahnhöfen und Flughäfen in Deutschland verschärft worden. Die bundesweite und internationale Fahndung wurde nach der Festnahme umgehend aufgehoben.
Parallelen zu Paris und Brüssel
Am Samstag war Al-Bakr dem Zugriff der Polizei bei einer Razzia in einer Chemnitzer Wohnung noch entkommen. Die Beamten gaben in dem Plattenbau-Viertel einen Warnschuss ab und sahen ihn auch, konnten ihn aber nicht fassen. Die Polizei hatte in der durchsuchten Wohnung 1,5 Kilogramm Sprengstoff gefunden. Dabei handelt es sich nach bisherigen Erkenntnissen um das hochgefährliche TATP.
«Diese Art würde dem verwendeten Sprengstoff bei den Attentaten von Paris und Brüssel entsprechen», sagte der Präsident des Landeskriminalamts Sachsen, Jörg Michaelis. «Vorgehensweise und Verhalten des Verdächtigen sprechen derzeit für einen IS-Kontext», sagte er. Auch Innenminister Thomas de Maizière verwies am Montag auf Parallelen zu Paris und Brüssel.
Im März waren in Brüssel bei einem Doppelanschlag am Flughafen und in der U-Bahn 32 Menschen ermordet und mehr als 320 verletzt worden. Bei einem IS-Angriff auf die Konzerthalle «Bataclan» und andere Ziele in Paris im November vergangenen Jahres starben 130 Menschen. Bei den beiden Terroranschlägen in Deutschland in diesem Jahr – in Ansbach und Würzburg – gab es ausser den Tätern keine Toten.
Offenbar Berliner Flughafen im Visier
Die Ermittlungen zu Al-Bakr waren von der Bundesanwaltschaft übernommen worden. Diese teilte am Montag mit, dass Al-Bakr dringend verdächtig sei, «die Begehung eines islamistisch motivierten Anschlags mit hochexplosivem Sprengstoff in Deutschland geplant und bereits konkret vorbereitet zu haben».
Hinweise darauf, dass der festgenommene Syrer bereits ein bestimmtes Anschlagsziel ins Auge gefasst hatte, gibt es bislang aber keine. Einem Zeitungsbericht zufolge bereitete Al-Bakr einen Anschlag auf einen der Berliner Flughäfen vor. Dies sei dem «Tagesspiegel» aus Sicherheitskreisen bestätigt worden, berichtete das Blatt vorab aus seiner Dienstagausgabe.
Ein möglicher Komplize des Hauptverdächtigen, der 33-jährige Wohnungsmieter von Chemnitz, kam derweil in Untersuchungshaft. Ihm wirft die Bundesanwaltschaft vor, Al-Bakr seine Wohnung zur Nutzung überlassen und für ihn in Kenntnis seiner Anschlagspläne die notwendigen Stoffe im Internet bestellt zu haben.
Al-Bakr wurde nach Angaben der Ermittler erstmals im Februar 2015 in München registriert, im Juni 2015 wurde er als Flüchtling anerkannt und lebte in Nordsachsen. Zuvor war er unauffällig.