Im Konflikt in der Ostukraine zeichnet sich eine weitere Entspannung ab. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sagte am Mittwoch, Russland habe die meisten seiner ins Nachbarland geschickten Soldaten wieder zurückgezogen.
«Das bestärkt uns weiter in der Hoffnung, dass es gute Erfolgsaussichten für die Friedensinitiativen gibt», sagte Poroschenko bei einer Kabinettssitzung in Kiew. Jüngsten Geheimdienstinformationen zufolge seien 70 Prozent der russischen Einheiten wieder auf russisches Gebiet zurückgekehrt.
Russland weist den Vorwurf der Ukraine und des Westens zurück, die Rebellen in der Ostukraine mit Soldaten und Panzern zu unterstützen. Den Aufständischen warf Poroschenko vor, trotz der Waffenruhe immer wieder zu versuchen, die Regierungstruppen zu provozieren.
In der vom Fernsehen übertragenen Sitzung kündigte Poroschenko zugleich an, er werde den Rebellen einen gesetzlichen Sonderstatus in den von ihnen kontrollierten Teilen in den Regionen Donezk und Luhansk anbieten. Eine volle Unabhängigkeit schloss er jedoch kategorisch aus.
Die Separatisten bekräftigten ihrerseits ihre Entschlossenheit, die von ihnen kontrollierten Gebiete abzuspalten. «Wir wollen nicht Teil der Ukraine bleiben», sagte der stellvertretende Ministerpräsident der selbstproklamierten Volksrepubik Donezk, Andrej Purgin.
Nur vereinzelt Schüsse
Vergangene Woche hatten die Konfliktparteien im weissrussischen Minsk ein Friedensabkommen unterzeichnet. Dieses sieht unter anderem eine Waffenruhe und einen Gefangenen-Austausch vor. Die Feuerpause wird nach Angaben beider Seiten weitgehend eingehalten. Nach Angaben der Behörden in Kiew und auch der prorussischen Separatisten war es im Donbass ruhig, nur vereinzelt fielen Schüsse.
Ein für Mittwoch geplanter Gefangenen-Austausch zwischen den Separatisten und der Führung in Kiew wurde nach Angaben der Aufständischen auf Donnerstag verschoben. Die Regierung habe sich nicht an Absprachen gehalten, hiess es. Schätzungen zufolge haben die Separatisten derzeit noch etwa 500 Soldaten in ihrer Hand. Die Regierung soll ihrerseits rund 300 Kämpfer gefangen halten.
Ungeachtet der weitgehenden Einhaltung der Waffenruhe forderte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eine sofortige Anwendung der geplanten EU-Sanktionen gegen Moskau. Gegen Russland waren in Brüssel unter anderem Konten- und Einreisesperren geplant sowie Wirtschaftssanktionen gegen Staatsbanken, Rüstungsfirmen und Öl-Unternehmen.
EU weiter uneinig über Russland-Sanktionen
Die Regierungen der 28 EU-Staaten haben sich in Brüssel noch nicht auf die Anwendung neuer Wirtschaftssanktionen gegen Russland geeinigt. Nach Angaben von Diplomaten beschlossen die EU-Botschafter, am Donnerstag über die Inkraftsetzung der bereits am Montag beschlossenen Sanktionen weiter zu verhandeln.
Der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) Didier Burkhalter sagte, dem vereinbarten Waffenstillstand solle mehr Zeit gegeben werden, damit ein politischer Dialog zustande gebracht werden könne. «Die Frage lautet … ist jetzt die angemessene Zeit, neue Sanktionen zu verkünden, oder macht dies die instabile Lage nur noch instabiler», sagte der Bundespräsident. Die Feuerpause markiere eine echte Chance, «endgültig die Logik der Eskalation umzukehren.»
Burkhalter kündigt Erhöhung der Schweizer Hilfe an
Die Schweiz sei bereit, im Rahmen der OSZE-Mission bis zu zehn weitere Beobachter in die Ukraine zu schicken, sagte Burkhalter in Prag. Ausserdem erhöhe die Schweiz ihren Beitrag für die Beobachtermission der OSZE um 600’000 Franken. Gemäss OSZE beobachten derzeit rund 250 Beobachter aus mehr als 40 Ländern die Lage in der Ukraine.
Bislang hat sich die Schweiz mit einem Beitrag von 300’000 Franken an der Mission beteiligt, wie das Schweizer Aussendepartement am Mittwoch auf Anfrage mitteilte. Hinzu kämen die Ausgaben im Zusammenhang mit den sechs Schweizerinnen und Schweizern, die derzeit Teil der Beobachtermission seien.
Derzeit befinden sich gemäss dem OSZE-Vorsitzenden rund 70 Spezialisten in den Regionen Donezk und Lugansk. Weitere Beobachter würden derzeit rekrutiert und in die Krisengebiete entsandt.