Portugal trauert um den Schriftsteller und Diktatur-Gegner Urbano Tavares Rodrigues. Er gilt als eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Landes im 20. Jahrhundert. Tavares Rodrigues starb am Freitag 89-jährig im Hospital dos Capuchos in Lissabon. Das teilte seine Tochter Isabel Braga mit.
«Mein Vater ist von uns gegangen. Er lag seit drei Tagen im Capuchos. Ich habe keine weiteren Informationen», liess die Schriftstellerin auf der Facebook-Seite von Tavares Rodrigues wissen. Der Parteienzusammenschluss «Linksblock» würdigte den mehrfach ausgezeichneten Autor als «herausragende Figur im Kampf um Demokratie in Portugal».
Tavares Rodrigues wurde am 8. Dezember 1923 als Sohn des Journalisten Urbano Rodrigues in Lissabon in eine Familie von Grossgrundbesitzern geboren. Als Journalist und Universitätsprofessor prangerte er schon in jungen Jahren die sozialen und politischen Missstände in seinem Land schonungslos an. Sein Engagement gegen die Diktatur von António Salazar machte ihn zu einem der berühmtesten Intellektuellen im Portugal der 50er bis 70er Jahre.
Der überzeugte Kommunist, der allerdings erst 1969 der Kommunistischen Partei Portugals (PCP) beitrat, führte Studenten-Proteste an, wurde mehrfach mit Berufsverbot belegt, wanderte für Jahre hinter Gitter und ging ins Exil nach Frankreich. Erst nach der Nelkenrevolution vom 25. April 1974 kehrte er endgültig in sein Heimatland zurück.
Vom Existenzialismus geprägt
Tavares Rodrigues schrieb Dutzende Romane, Essays, Erzählungen und Reiseberichte, aber auch Kurzprosa und Literaturkritiken. Sein umfangreiches Werk konzentriert sich auf die Selbst- und Fremdempfindung so wie auf das politische und soziale Bewusstsein des Individuums.
Er sei vor allem vom französischen Existenzialismus der 50er Jahre beeinflusst worden, sagte einmal der Mann, der mit der 1998 gestorbenen Schriftstellerin Maria Judite de Carvalho verheiratet war.
Todesahnung
«Das Schreiben war für Urbano so wichtig wie das Atmen», erzählte der mit Tavares Rodrigues eng befreundete Autor José Luís Peixoto nach der Todesnachricht der Nachrichtenagentur Lusa.
Der erste Roman von Tavares Rodrigues, das 1959 erschienene Buch «Bastardos de Sol» ist auch einer seiner bekanntesten. Das letzte Werk «Escutando o rumor da vida seguido de solidão em brasa» war erst vor einem Jahr herausgegeben worden. In einem Zeitungsinterview sagte er damals: «Ich spüre, dass ich nicht mehr lange leben werde. Einer meiner Ärzte sagte mir, es sei ein Wunder, dass ich noch lebe.»