Ein fünftägiges Treffen von rund 3000 Anarchisten aus aller Welt ist am Sonntag in St. Imier BE gemäss den Organisatoren mit Erfolg zu Ende gegangen. Eine gemeinsame Schlusserklärung gab es angesichts der Vielfalt der Bewegung allerdings nicht.
Der Anarchismus sei weiterhin eine vitale, zukunftsgerichtete politische Kraft, sagte Arthur Auderset, Mitglied des Organisationskomitees, auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Das habe das Treffen bewiesen. Trotz fehlender gemeinsamer Schlusserklärung sei es gelungen, die sehr unterschiedlichen Richtungen der Bewegung einander näherzubringen.
Gründungsort der ersten anti-autoritären Internationalen
Dass St. Imier im Berner Jura als Ort des Treffens gewählt wurde, ist kein Zufall. Die Ortschaft mit ihren 4800 Einwohnern ist das Mekka der Anarchisten, seit in einem Hotel vor 140 Jahren der libertäre Kongress stattfand. Dieser Kongress war der Ursprung der anti-autoritären Internationalen.
Mit von der Partie war damals auch der russische Revolutionär und Philosoph Michael Bakunin. Die anti-autoritäre Internationale war eine Reaktion zu der von Karl Marx initiierten Internationalen. Anarchisten kritisierten diese als autoritär. Bakunin lebte mehrere Jahre im Berner Jura. Er starb 1876 und liegt auf dem Berner Bremgarten-Friedhof begraben.
Buntes Treffen Schwarzgekleideter
Das fünftägige Treffen der Libertären war öffentlich. Auf dem Programm standen etwa Konferenzen, Runde Tische, Ausstellungen, Film- und Theatervorführungen und eine Buchmesse. Zu den Gesprächsthemen gehörten unter anderen die autonomen Kulturzentren, der zivile Ungehorsam, die Situation in Griechenland und die Schuldenkrise generell.
St. Imier empfing die Libertären freundlich, wie Auderset sagte. Anfängliche Befürchtungen hätten sich schnell gelegt. Die Angereisten hätten bewiesen, welch hohen Wert sie Freundschaft und Solidarität beimessen.
So sei es zu keinem einzigen unliebsamen Zwischenfall gekommen. Die Gemeinde habe sogar wissen wollen, ob die Libertären im kommenden Jahr eine Kundgebung abhalten wollten.
Die Anarchisten verschmolzen in St. Imier nicht gerade mit der Lokalbevölkerung. Die meist schwarz Gekleideten streiften durch die Strassen oder trafen sich auf Restaurantterrassen. Alle Alterskategorien waren vertreten, die Angereisten stammten aus allen Kontinenten. Für die Kleinen gab es einen fünfsprachigen Kinderhort. Geschlafen wurde in einem Zeltlager.
Das anarchistische Treffen stiess auf grosses Medieninteresse. Rund 70 Journalisten aus dem In- und Ausland akkreditierten sich für den Anlass.