Bei der Eröffnung im November hatte das Gassenstübli am Dreispitz noch für Unruhe gesorgt. Seither blieb es eher ruhig um die Einrichtung am Friedhof Wolfgottesacker. Die Anlieger bestätigen: Bisher ist alles halb so wild.
Eine graue Tür in einer grauen Wand, bewacht von einem Securitas-Angestellten. Die Kontakt- und Anlaufstelle (K+A) gleich neben der Tramhaltestelle MParc ist recht unscheinbar. Einen Blick ins Innere werfen darf ich während der Öffnungszeiten nicht. Auch Auskünfte gibt es keine. «Persönlichkeitsschutz», hat mir Horst Bühlmann von der Basler Suchthilfe erklärt. Wer in der Anlaufstelle am Dreispitz Drogen konsumiert, soll dies anonym tun können.
Vor der Tür steht eine kleine Gruppe, die darüber diskutiert, ob man sehr kleine Kinder mitbringen dürfen sollte. Angeblich hat vor einigen Tagen jemand den Kinderwagen vor der Tür geparkt. Das sei gegen die Regeln, wird befunden. Es gebe viele Regeln in der K+A, an die man sich auch halte, wird mit ein wenig Stolz erklärt. «Die K+A ist ein Vorzeigeprojekt und das wollen wir erhalten», sagt einer.
Im Quartier ist es ruhig geworden
Die Basler Suchthilfe ist zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Projekts. Die neue Gassenstube wurde gut angenommen. Ab Anfang März werden auch die Klienten der K+A an der Heuwaage aufgenommen, die Ende Februar schliesst. Im Quartier ist es nach anfänglicher Aufregung ruhig geworden um die neue Einrichtung. Viele Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. Die Anlaufstelle ist richtig und wichtig – zu dieser Aussage kommen mehr oder weniger alle befragten Anlieger. Mit den bisherigen Beeinträchtigungen können sie leben, alles weitere wartet man ab.
«Bei uns auf dem Friedhof war bisher gar nichts», sagt Marc Lüthi, Leiter des Basler Bestattungswesens. Das habe zwar möglicherweise mit der winterlich-kalten Witterung zu tun, für den Sommer macht er sich aber keine übertriebenen Sorgen.
Keine zusätzlichen Diebstähle im MParc
Genauso wenig wie die Migros. Dieter Wullschleger, Sprecher der Migrosgenossenschaft, lobt die gute Kommunikation und kommentiert gelassen: «Einzelfälle, wie sie auch in anderen Filialen vorkommen», habe es in der Migros Dreispitz in den vergangenen vier Monaten schon gegeben. Die Anzahl der Diebstähle im MParc habe sich aber nicht erhöht. Auch in Sachen Sicherheit gebe es keine Beschwerden. Allenfalls habe sich ein Teil der Gassenstuben-Klientel während der kalten Jahreszeit im MParc aufgewärmt.
Für die an die K+A angrenzende Hinterhof-Bar kommt die kritische Phase erst noch. Gab es bisher so gut wie keine Überschneidung während der Öffnungszeiten, wird sich das im Sommer ändern, wenn die Dachterrasse des Hinterhofs wieder öffnet. Geschäftsführer Philippe Hersberger wartet ab. «Wir haben Spritzen auf dem Gelände gefunden, die aber auf Rückmeldung immer schnell beseitigt wurden», äussert er sich über den bisherigen Verlauf und beschreibt die Zusammenarbeit als harmonisch. Auch er baut auf die bisher gute Kommunikation mit der Stadt und den Sicherheitsdiensten. «Wir sind überzeugt, dass wir eine Lösung finden, falls es Probleme gibt». Man trifft sich regelmässig, um die Lage zu diskutieren. Das nächste Evaluationstreffen mit den Anliegern soll Anfang März stattfinden.
«Wir behalten die Sache im Blick»
Eine positive Bilanz für die K+A zieht auch die Quartierkoordination Gundeldingen. Es habe einzelne Rückmeldungen aus dem Quartier gegeben, gibt Gabriele Frank Auskunft und verweist auf die in Kürze stattfindende Evaluationssitzung. Kein Grund zur Aufregung, findet sie: «Wir behalten die Sache aber im Blick.»
Die Route vom MParc zur Gassenküche Soup&Chill, anfangs Gegenstand einiger Befürchtungen, stellte sich als problemlos heraus. Seit der Eröffnung der Gassenstube ist die Tramhaltestelle MParc etwas belebter, das fällt auch den Bewohnern des Gundeldinger Quartiers auf. Wer die K+A nutzt, muss ja irgendwie dorthin kommen.
«Die Klientel ist sehr unterschiedlich», erklärt Eveline Bohnenblust, Leiterin der Abteilung Sucht des Gesundheitsdepartements Basel. «Ein Teil der Konsumenten schaut nur jeweils vor oder nach der Arbeit im K+A vorbei und ist dann schnell wieder weg. Das Interieur ist zwar schon etwas ansprechender geworden seit der Eröffnung», sagt sie und bezieht sich dabei auf Bilder der Eröffnung, die im November beispielsweise auf Telebasel zu sehen waren. «Wir wollen aber kein Wohnzimmer einrichten, sondern einen Konsumraum mit der Möglichkeit, in medizinischen Notfällen schnell eingreifen zu können.»
Abhängigen Hilfe anbieten
Ihrer Ansicht nach ist die Einführung der neuen Anlaufstelle sogar besser gelaufen als erhofft. «Wir sind sehr froh, dass es soweit gut funktioniert hat und dass wir Abhängigen weiterhin Hilfe anbieten können.» Rückmeldungen aus der Bevölkerung nehme man natürlich weiterhin ernst und versuche schnell zu reagieren, betont sie mehrmals.
Rückmeldungen können an die Quartierorganisationen oder an die Suchthilfe Basel gerichtet werden. Wer Spritzen findet und sie nicht selbst entsorgen möchte, kann via Hotline (0800 88 21 52) das «Sprütze-Wäspi» rufen.