Das baselstädtische Kontrollorgan über die Bundes-Staatsschützer im Kanton hat in seinem ersten Amtsjahr keine gravierenden Unregelmässigkeiten festgestellt. Die eigene Aufsichtskompetenz hatte der Stadtkanton dem Bund nach einer Fichenaffäre von 2008 abgerungen.
2008 war die Fichierung von Basler Parlamentsmitgliedern durch Staatsschützer aufgeflogen, was eine heftige Kontroverse über die Aufsicht über die dem Bund unterstellten Beamten auslöste. Zeitweise wollte der Grosse Rat die Budgetmittel für die Abteilung namens „FG9“ kürzen, als der Bund keinen Handlungsbedarf erkennen mochte.
VBS-Chef Ueli Maurer blockierte eine Basler Verordnung, mit der die Regierung eine weisungsbefugte kantonale Kontrollkommission im lokalen Staatsschutz des Bundes installieren wollte. Erst 2010 erlaubte der Bund wegen des Basler Drucks den Kantonen eigene Kontrollorgane zur Dienstaufsicht, worauf Basel-Stadt sofort handelte.
Gutes Rollenbewusstsein
Der Stadtkanton habe in Bern „einiges bewegt“, sagte der Basler Staatsrechtsprofessor Heinrich Koller am Montag vor den Medien. Er ist zusammen mit Berufskollege Markus Schefer und Ständerätin Anita Fetz (SP) für vier Jahre als Staatsschutz-Kontrolleur eingesetzt worden. Im ersten Amtsjahr war zunächst das eigene Vorgehen zu erarbeiten.
Zeit blieb dann für Stichproben der Staatsschutz-Praxis anhand dreier Demonstrationsbewilligungen und dreier Aufträge des Bundes an die FG9. Betrachtet wurden Informations-Beschaffung, -Behandlung und -Archivierung. Die Kontrolleure geben den Staatsschützern dazu gute Noten; als unzulässig beanstanden sie einzelne kleinere Dinge.
Ein „grosses Problem“ ist laut Schefer jedoch der fehlende Rechtsanspruch der kantonalen Kontrolleure auf Akteneinsicht. Für die Einsicht in sicherheitsrelevante Daten – so in die Datenbank ISIS – ist immer grünes Licht des Bundesnachrichtendienstes (NDB) nötig. Eine wirksame Kontrolle müsste anders geregelt sein.
Diverse offene Fragen
Gelöst wurde dies mit der Anwesenheit eines Bundes-Vertreters bei einschlägigen Terminen. Die gezielt gewünschte Einsicht sei nie verweigert worden, sagte Koller, obwohl die Kontrolleure ihre Wünsche nicht wie ursprünglich gefordert zu jedem Fall einzeln begründet hätten. Laut Fetz lief die Kontrolle nach Anfangs-Irritationen problemlos.
Beidseits gewonnenes Vertrauen könnte „wegleitend“ sein für die hängige Revision des einschlägigen Bundesrechts, sagte Koller. Nötig sei dabei eine klarere Abgrenzung der Kompetenzen. Die sechs Beamten der FG9 sind Kantonsangestellte, handeln aber in generellem und konkretem Bundesauftrag und damit grundsätzlich geheim.
Offen blieben im ersten Kontrolljahr noch einige Fragen, etwa Schnittstellen zur Grenzwache und zur Staatsanwaltschaft. Der Chef der FG9 als Abteilung des kantonalen Kriminalkommissariates ist gleichzeitig Erster Staatsanwalt, was beispielsweise beim Informationsfluss Potenzial birgt für Rollenkonflikte.
Keine Zeit war bisher zudem für Analysen des generellen Auftrages an die FG9, alle relevanten Feststellungen zur Inneren Sicherheit dem NDB zu melden. Mit der Fichenaffäre, die den Einsatz der Kontrolleure ausgelöst hatte, befasste sich das Organ nicht – laut Koller aus Kapazitätsgründen und weil seither die Rechtslage geändert habe.