Basel füllt seine Bebbisäcke über einen Drittel mit Bioabfällen. Ein grosser Teil davon könnte weiter verwertet werden, wenn der Biomüll getrennt entsorgt wird. Zum Beispiel in den Bioklappen, die seit Ende Februar für ganz Basel verfügbar sind. Das neue System im Praxistest.
Etwa ein Drittel aller in der Schweiz produzierten Lebensmittel landen nach einer Untersuchung des Bundesamts für Umwelt von 2012 im Müll. Im Basler Kehrrichtsack sind nach neuesten Untersuchungen zu 32 Prozent biogene Abfälle. Ganz schön viel. Da regt sich schon mal das Umweltgewissen. Nur hat man als Bewohner einer Grosstadt ja selten einen Garten, und ein Kompost auf dem Balkon ist keine echte Alternative.
Im vergangenen Jahr führte das Basler Amt für Umwelt und Energie deshalb einen Pilotversuch begrenzter Teilnehmerzahl durch. Was sich an Lebensmittel- und anderem Biomüll nicht vermeiden liess, wurde getrennt gesammelt und anschliessend zu Biogas vergärt. Vor einem Monat wurden die Bioklappen in den Quartieren auf ein neues, einheitliches System umgestellt und sind nun für alle verfügbar. Grund genug für einen Praxistest. Was taugt das neue System?
Etwas umständlich
Um es vorab zu sagen: Die Benutzung der Bioklappen gestaltet sich etwas umständlich. Vor der Müllentsorgung steht zunächst die Anschaffung einer Chipkarte, die an verschiedenen Verkaufsstellen zu erwerben ist. Im Gundeldinger Quartier werden die Karten in der Apotheke Wenger am Gundeldinger Tor verkauft. Dort bekomme ich von einer freundlichen Apothekenhelferin für eine Einmalzahlung von 10 Franken eine Chipkarte und ein Merkblatt ausgehändigt.
Der Kaufpreis für die Karte ist nur einmal fällig. Zusätzlich zahle ich 11 Franken, die auf der Karte gespeichert werden, die wie eine Paycard funktioniert. Dazu bekomme ich 20 bioabbaubare Müllbeutel. Eine Mülltüte in die Bioklappe zu werfen, kostet 55 Rappen. Sind Guthaben und Müllbeutel alle, kann man in den Verkaufsstellen wieder aufladen.
Der grüne Bio-Beutel
Ungefähr ein Drittel meines Abfalls ist Biomüll, stelle ich in den nächsten Tagen fest. Kaffeesatz, Rüstabfälle, Essensreste sowie ein paar Blätter meiner Topfpflanzen wandern in den Biosack. Übrig bleiben fast nur Plastikverpackungen. Der hellgrüne Bio-Beutel fasst 10 Liter, hat die Grösse und Form einer kleinen Plastiktüte und ist in etwa genauso reissfest. Mit spitzen Gegenständen muss man wie bei Plastiktüten ein wenig aufpassen, was aber wenig stört – wer wirft schon jede Woche einen Kaktus weg? Feuchte Abfälle wie Joghurt und Saucen sind – obwohl im Merkblatt aufgeführt – vielleicht besser anders zu entsorgen. Ganz dicht ist der Beutel nämlich nicht.
Zehn Liter sind ganz schön viel. Bis der grüne Müllsack voll ist, dauert es bei mir schätzungsweise eine Woche. Keine guten Aussichten für den Hochsommer, schliesslich will ich den Müll nicht schon in der Küche vergären. Schneller würde es gehen, wenn ich ein Haustier hätte dessen Käfigstreu man regelmässig wechseln muss. Katzensand ist laut Merkblatt jedoch verboten, dafür wären Fleischabfälle kein Problem.
In die Klappe
Damit mein Versuch nicht ewig dauert und ich genügend volle Mülltüten zu Testen habe, bitte ich meine sehr amüsierten Nachbarn um ihre Küchenabfälle und mache mich auf die Suche nach der nächsten Bioklappe.
Acht Bioklappen sind über das ganze Stadtgebiet verteilt, fünf davon stehen bei den Recyclingstationen. Nicht gerade flächendeckend. Je nach Wohnlage muss man den vollen Biomüllbeutel bis zur nächsten Klappe schon ein ganzes Stück spazieren tragen. Ladestationen für die Chipkarte gibt es dagegen genügend.
Standorte der Bioklappen und der Verkaufsstellen für die Chipkarte. (Bild: Daniela Gschweng)
Ich habe Glück, die nächste Bioklappe steht laut Webpage des AUE ganz in der Nähe auf dem Gundeldinger Feld. Also ziehe ich mit Müllbeutel und Chipkarte (auf keinen Fall vergessen!) los. Die Klappe ist leicht zu finden, der grosse Kasten neben dem Bau 5 ist kaum zu übersehen. Oben drauf befindet sich ein kleinerer Kasten mit Display, Einwurfklappe und einem Schlitz für die Chipkarte.
«Klappe öffnen…» blinkt das Display, nachdem ich die Chipkarte eingeführt habe. Die Klappe klemmt ein bisschen, lässt sich aber dann doch öffnen. In die Öffnung passt der Müllsack genau rein. Ist er randvoll, wird es eventuell ein wenig knapp. «Klappe schliessen…», sagt das Display dann. Und zum Schluss «Karte entnehmen». Für Kinder ist der Einwurfschacht leider zu hoch angebracht.
Was passiert mit dem Biomüll?
Und was passiert nun mit meinem Müll? Der wird ungefähr einmal die Woche abgeholt, nach Pratteln zur Biopower Nordwestschweiz AG transportiert und dort zu Biogas vergoren. Als Nebenprodukte entstehen Flüssigdünger und Kompost. Die Häufigkeit der Leerung hängt davon ab, wie intensiv die Klappe genutzt wird, gibt mir Bernhard Neubauer vom AUE Auskunft.
Rechnen tut sich das Modell derzeit nicht. Etwa drei Viertel der Kosten sind gedeckt, der Rest wird auf die allgemeine Abfallrechnung umgelegt. Bei steigender Müllmenge würde aber auch die Rentabilität steigen, erklärt der Fachverantwortliche für Abfallbewirtschaftung.
Weitere Bioklappen wird es dennoch vorerst nicht geben. Das hat zwei Gründe. Zum einen ist die Mechanik der Klappen noch zu fehleranfällig und blockiert gelegentlich. Was laut Bernhard Neubauer meist an falscher Benutzung liege. «Da haben Teilnehmer schon äusserst kreativ 20L-Säcke in die Klappe gestopft», seufzt der Abfallwirt. Die Mechanik soll nochmals überarbeitet werden, bevor es weitere Bioklappen gibt. Nebenbei sucht das AUE auch einen Hersteller für kleinere Müllbeutel. Die 10L-Beutel waren nicht nur mir zu gross.
Zum Redesign kommt die Suche nach passenden Standorten. Die Bioklappen sind nicht überall gerne gesehen. So habe es schon während der Pilotphase Einspruch gegen die Platzierung gegeben, erzählt Neubauer. «Deshalb gibt es in Kleinbasel nur einen Standort. Geplant waren drei.»
Fazit
Ein benutzbares System, aber ausbaufähig. Das zu Anfang etwas umständliche Prinzip der Chipkartenzahlung funktioniert gut und ist etwas günstiger als die Nutzung des Bebbisacks. Nervend ist, dass man nun auf eine weitere Karte aufpassen muss (die man beim Müll wegbringen auch dabei haben sollte). Ausserdem habe ich – wohl nicht als Einzige – festgestellt, dass 10 Liter Biomüll eine ganze Menge sind und der Beutel deshalb etwas zu gross. Das weiss auch die Stadt Basel und sieht sich nach einem kleineren Volumen um.
Im Moment ist das Biomüll-Konzept in Basel eher ein ausgedehnter Versuch, denn die Entsorgungsdichte für Biomüll ist gering. Nach Auskunft des AUE wohnen fast alle Nutzer weniger als 400 Meter von einer Bioklappe entfernt. Gerade mal acht Bioklappen im Stadtgebiet sind deshalb viel zu wenig.