Der tiefe Eurokurs lässt bei vielen Importprodukten die Preise purzeln – nur nicht bei den kassenpflichtigen Medikamenten. Der Preisüberwacher schätzt das Einsparpotenzial auf 800 Millionen Franken pro Jahr.
Würden die Medikamentenpreise wie bei anderen Importprodukten sofort angepasst, könnten die Krankenkassenprämien für Erwachsene ab 26 Jahren im Schnitt um 2,8 Prozent gesenkt werden. Pro Person und Jahr wären das 138 Franken weniger.
Dies zeigt eine Berechnung von Preisüberwacher Stefan Meierhans, über welche die «Berner Zeitung» berichtete und die auch der Nachrichtenagentur sda vorliegt. Allein mit Kursanpassungen bei den Originalmedikamenten könnten rund 500 Millionen Franken eingespart werden.
Insgesamt schätzt der Preisüberwacher, dass die Medikamentenpreise beim aktuellen Euro-Franken-Wechselkurs um jährlich 800 Millionen Franken reduziert werden könnten.
«Von den höheren Preisen profitieren hauptsächlich die Hersteller im Ausland, die in die Schweiz liefern», sagte Beat Niederhauser, Stellvertreter des Preisüberwachers, gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Doch auch die inländische Pharmaindustrie ziehe einen Vorteil aus der Situation. Da ihre Preise für die Schweiz mittels Preisvergleich mit dem Ausland errechnet werden, führe ein höherer Wechselkurs zu besseren Preisen. Schliesslich könnten auch die Apotheker profitieren, da ihre Gewinnmarge preisabhängig sei.
Schnellere Anpassung gefordert
Dass die Patienten und Krankenkassen demnächst weniger für importierte Medikamente zahlen, ist unwahrscheinlich. Die Preise werden vom Bund festgelegt. Jährlich überprüft dieser ein Drittel aller kassenpflichtigen Medikamente und nimmt allenfalls Anpassungen vor. Somit dauert es drei Jahre, bis alle Preise kontrolliert sind.
Zudem rechnet der Bund bei der Überprüfung nicht mit dem aktuellen Wechselkurs, sondern mit einem Durchschnittswert für zwölf Monate. Für die derzeitige Überprüfung wird der durchschnittliche Wechselkurs zwischen Februar 2014 und Januar 2015 verwendet – er beträgt 1.20 Euro, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mitteilt.
Preisüberwacher Meierhans und die Konsumentenschützerin Sara Stalder fordern nun, dass die Preisanpassungen beschleunigt werden. Spätestens ab nächstem Jahr müssten die Währungsgewinne für alle Medikamente weitergegeben werden, verlangen sie.
Überprüfung mit viel Aufwand verbunden
Die aktuelle Verordnungsbestimmung, die eine Überprüfung nur alle drei Jahre vorsieht, wird derzeit überarbeitet. Die Details sind noch nicht bekannt. Zu einer jährlichen Überprüfung sämtlicher Medikamente schreibt das BAG: «Es würde deutlich mehr Aufwand bedeuten, die Wechselkurse jährlich für alle Medikamente anzupassen. Ob es auch mehr bringt, müsste in einem Langfristvergleich untersucht werden.»
Dass die Versicherten mit dem heutigen System später von niedrigen Wechselkursen profitierten, sei richtig, schreibt BAG-Sprecher Daniel Dauwalder. Er verweist aber auch auf die positive Seite dieser Verzögerung: Steigt der Kurs wieder an, wird noch länger mit dem tieferen Wechselkurs gerechnet.