Nur weil SBB-Kontrolleure mit einem Namensschild angeschrieben sind, dürfen sie in den Medien nicht namentlich blossgestellt werden. Der Presserat hat den „Blick am Abend“ wegen eines Berichts über eine „gnadenlose Kondukteurin“ gerügt.
Das teilte das Ethikgremium am Dienstag mit. Die Gratiszeitung hatte im vergangenen Dezember über eine Billettkontrolle in einem Zug von Zürich nach Bern berichtet. Dabei ging es um einen Fifa-Juristen, dessen Marschbefehl nicht als Billettersatz anerkannt worden sei. Der Mann war bloss mit der Bescheinigung in der Hand auf den Zug gehetzt und trug Zivilkleider und nicht die Uniform, wie es eigentlich vorgeschrieben wäre.
Die Kontrolleurin verlangte darauf vom fehlbaren Armeeangehörigen, entweder ein Billett zu kaufen oder die Uniform anzuziehen. Nach Rücksprache mit einem Kollegen drückte sie schliesslich ein Auge zu.
Der „Blick am Abend“ berichtete über den Vorfall unter dem Titel „Kondukteurin gnadenlos“ und nannte den Nachnamen und den ersten Buchstaben des Vornamens der Frau. Diese beschwerte sich darauf beim Presserat, sie werde in dem Artikel unzulässigerweise mit Namen genannt und lächerlich gemacht.
Privatspähre schützen
Das Ethikgremium der Schweizer Medien gab der Frau nun Recht. Die Tatsache, dass das Zugspersonal ein Namensschild trage, gebe niemandem das Recht, dieses öffentlich blosszustellen. Der „Blick am Abend“ verletzte nach Ansicht des Presserates mit dem Artikel die Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten.
Diese schreibt unter anderem vor, dass Medienschaffende die Privatsphäre der einzelnen Personen respektieren sollen. Eine Ausnahme gilt für Personen, die im öffentlichen Interesse stehen. Dies treffe auf eine Billettkontrolleurin der SBB nicht zu, befand der Presserat.