Der Privatbankier Konrad Hummler wünscht sich für die Schweiz „eine neue Europa-Strategie“. Voraussetzung dafür sei aber, dass man die EWR-Abstimmung aus dem Jahr 1992 aufarbeite und den damaligen Skeptikern Recht gebe.
Diese Abstimmung habe dazu geführt, dass es in der Schweiz seit fast zwanzig Jahren nicht ohne Grund ein Misstrauen gegenüber Regierung, Verwaltung und „Classe politique“ gebe, sagte Hummler in seiner Rede am diesjährigen Ustertag.
Dass der Bundesrat damals kurz vor der Abstimmung ein EU-Beitrittsgesuch in Brüssel hinterlegt habe, sei ein Dolchstoss in den Rücken aller EWR-Befürworter gewesen, die nicht der EU beitreten wollten. „Ich gehörte dazu“, sagte der geschäftsführende Teilhaber der St.Galler Privatbank Wegelin & Co. und Verwaltungsratspräsident der NZZ-Mediengruppe gemäss Redetext.
Angesichts der momentan verfahrenen und wenig appetitlichen Situation in der EU und der Eurozone hiesse eine Aufarbeitung wohl, dass man dem Anführer des damaligen Widerstandes, Christoph Blocher, in dieser einen Sache Recht gebe. „Das würde innenpolitisch einiges entkrampfen.“
Mit Selbstbewusstsein gegen den „Rosinenpicker“-Vorwurf
Der Genugtuung auf Blochers Seite stünde gemäss Hummler entgegen, dass die Schweiz das Europa-Dossier endlich wieder aufnehmen und glaubwürdig bewirtschaften könnte. Die Schweiz muss gemäss Hummler zu einer Europa-Politik finden, die er selber als „Dualität der Doktrin“ bezeichnet.
„Dualität der Doktrin“ bedeute, dass die Schweiz „eigenständig bleibt, ohne Wenn und Aber“, aber gleichzeitig offen bleibt für Zusammenarbeit. Als gelungenes Beispiel nannte er die mit Deutschland und Grossbritannien vereinbarte Abgeltungssteuer.
Solche „Deals“ fordert er auch für die Zukunft – allerdings nicht in Form von bilateralen Verträgen, die gemäss Hummler irgendwann in einem Vollbeitritt enden würden. Dem Vorwurf der „Rosinenpickerei“ würde er mit Selbstbewusstsein begegnen – mit einer Art des Umgangs, die „auch von Mächtigeren verstanden wird“.
Basis für den modernen Kanton Zürich
Der Ustertag erinnert an die liberale Bewegung im Kanton Zürich im Jahr 1830. An einer Volksversammlung am 22. November jenes Jahres forderten in Uster rund 10’000 Männer aus der Zürcher Landschaft mehr Rechte gegenüber der Stadt Zürich ein. Der Ustertag gilt daher als Basis für den modernen Kanton Zürich.