In Kairo haben am Dienstag Tausende von Demonstranten gegen das Verfassungsreferendum protestiert. Oppositionsführer Hamdien Sabahi schrieb auf dem Internet-Dienst Twitter, der Boykott der Richter und der Rücktritt des Generalstaatsanwaltes seien Siege für die Unabhängigkeit der Justiz.
Die Richter des Staatsrates in Ägypten kündigten an, sie wollten bei der zweiten Runde des Verfassungsreferendums nicht mehr Aufsicht führen. Damit wird die Legitimität der ohnehin umstrittenen Abstimmung zusätzlich infrage gestellt.
Die Berufsvereinigung der Richter des Staatsrates begründete ihren Boykott damit, dass es bei der ersten Runde keine ausreichenden Vorkehrungen für einen sicheren und geordneten Ablauf der Abstimmung gegeben habe.
Die regierenden Islamisten dürften es nun noch schwerer haben, genügend Richter aufzubieten, um die Volksabstimmung an diesem Samstag in 17 Provinzen zu beaufsichtigen.
Schon bei der ersten Runde in Kairo und neun weiteren Provinzen hatten sich Wähler in einigen Bezirken darüber beschwert, dass der Leiter der Abstimmung in ihrem Wahllokal kein Richter gewesen sei. Die Mehrheit der Richter des Landes hatte den Urnengang boykottiert.
Der den Islamisten nahestehende Justizminister Ahmed Mekki gab sich in einem TV-Interview unbeeindruckt: „Dass die Richter des Staatsrates die zweite Runde der Volksabstimmung nicht überwachen sollen, wird keine negativen Folgen für die Abstimmung haben.“
Umstrittener Generalstaatsanwalt zurückgetreten
Generalstaatsanwalt Talaat Ibrahim Abdullah, der von Präsident Mohammed Mursi erst vor wenigen Wochen ernannt worden war, hatte am Montag seinen Rücktritt erklärt. Er beugte sich damit dem Druck der Staatsanwälte, die seine Ernennung und die Entlassung seines Vorgängers durch Mursi als Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz gewertet hatten.
Sein Rücktritt erfolgte vor dem Hintergrund von Ermittlungen wegen Unregelmässigkeiten am ersten Tag des Verfassungsreferendums. Die Wahlkommission geht Beschwerden über illegale Machenschaften wie Wählerbeeinflussung und dem Fehlen von Richtern in Wahllokalen nach.
Nach inoffiziellen Angaben hatte die Mehrheit der Wähler in den zehn Provinzen für die von den Islamisten geprägte Verfassung gestimmt. Eine Mehrheit der Wahlberechtigten war der Abstimmung nach Medienberichten fern geblieben. Das offizielle Ergebnis des Verfassungsreferendum soll erst nach der Abstimmung am kommenden Samstag bekanntgegeben werden.